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3 Gadgets, die Sie unbedingt haben müssen (wenn Sie ein Discounter sind)

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1. Der To-Go-Truck

Wenn die Kunden nicht zum To-Go-Essen in den Laden kommen, muss das To-Go-Essen eben aus dem Laden zu den Kunden kommen. Muss sich Penny gedacht haben und hat seiner Sofortessen-Eigenmarke „penny to go“ einen kleinen Roadtrip spendiert. Der führte die ausführlich bezuckerten Knatschwaren auf den Vorplatz des Frankfurter Hauptbahnhofs, wo die Passanten das Mittagessen in dem mintgrünen Ausgabefahrzeug ausführlich ignorieren konnten.

Das mag auch daran gelegen haben, dass von den beworbenen „frischen Snacks für schnelle Genießer“ auf dem Aufsteller quasi nichts anderes zu sehen war als deren Verpackung – was ungefähr so clever ist, wie wenn eine beliebige Fastfood-Schleuder ihre pappigen Burger auf der Menükarte in der verschlossenen Pappschachtel abbilden würde. Immerhin besteht so die Chance, dass sich die Frankfurter erinnern, wenn sie demnächst bei Penny am To-Go-Regal vorbeilaufen: Hey, das sind doch die Verpackungen mit den Sachen, die ich neulich schon nicht gekauft habe!

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Danke an Supermarktblog-Leser S. für die Fotos!

2. Der begehbare Kühlschrank

Die Supermarktbranche ist gespalten: Die eine Hälfte baut sich Glastüren vor die Kühltheken, um Energie zu sparen – die andere sagt, das ewige Tür-auf-Tür-zu spare überhaupt nix und nerve bloß die Kunden. Unser niederländischer Discount-Nachbar Dirk ist schon einen Schritt weiter und hat sich einfach für beides entschieden: Tür-auf-Tür-zu ist kein Problem – wenn die Kunden danach einfach komplett im Kühlschrank drinstehen.

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3. Die fastgesunde Kasse

Süßwarenfrei kann ja jeder! Nach der behutsamen Einführung der Quengelfreiheit an (einzelnen) Kassen versuchte sich Lidl kürzlich am nächsten Level und positionierte Pappaufsteller vor dem Kassenband, auf denen zwei Comic-Kinder (die Vorbild-Nichtquengler „Max & Lena“) für die einsortierten Schalen mit Tomätchen, Minigürkchen, Karöttchen und Paprikächen warben.

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Und vermutlich würden sich deutsche Krankenkassen jetzt schon darum reißen, wer Lidl für diese Erziehungsmaßnahme zuerst mit einem hässlichen Krankenkassenpreis auszeichnen darf – hätte der Discounter nicht einen schwerwiegenden Fehler begangen. Und direkt neben dem elternhohen Aufsteller mit Snack-Gemüse einen in Kinderhöhe geschoben, aus dem die Kleinen beim Anstehen tütenweise Kitkat-Sondereditionen rausbaggern können, während ihre Erziehungsberechtigten noch die gesunden Gürkchen in Augenschein nehmen.

Im Moment ihrer Erfindung war die Gesunde Kasse also sofort wieder gescheitert.

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In Großbritannien hat Tesco übrigens kürzlich in einem Supermarkt die erste Kasse für Kunden eröffnet, die an Demenz erkrankt sind. Dort sind über dem Kassenband groß sämtliche Münzen mit deren Wert abgebildet und Mitarbeiter haben an Kursen für Demenzerkrankte teilgenommen, um zu verstehen, wie man den Kunden den Bezahlvorgang erleichtern kann.

Die Kasse soll auch von allen anderen (z.B. älteren) Kunden genutzt werden, die sich nicht stressen lassen wollen.

* * *

Mehr zum Thema: 5 Gadgets, die Sie unbedingt haben müssen (wenn Sie ein Supermarkt sind)


Rewe to Go vs. Sainsbury’s Microstore: Wer ist der bessere Pausensupermarkt?

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Schauen Sie sich mal diesen Pausensupermarkt an: klein, kompakt, hübsch in Brombeer getunkt …

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… nein, nicht den. Das ist die Zentrale der britischen Supermarktkette Sainsbury’s im Londoner Bezirk Holborn, mitten im Stadtzentrum.

Der Pausensupermarkt ist schräg gegenüber, trägt das übliche Logo der „Sainsbury’s Local“-Kompaktläden in der Stadt, ist aber eine Besonderheit. Nicht nur, weil er schon von außen aussieht wie der Veranstaltungsort eines internationalen SB-Kassen-Treffens. Sondern vor allem, weil es sich dabei um Sainsbury’s ersten „Microstore“ handelt: einen Laden, der noch kompakter sein will als alle, die der Konzern bislang betreibt. Und in dem es wirklich nur das Allernotwendigste für die Mittagspause zu kaufen gibt.

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In dieser Hinsicht sind die Briten ausnahmsweise mal nicht schneller gewesen als ihre deutschen Handelskollegen. Schließlich hat Rewe den Pausensupermarkt schon vor fünf Jahren in der Kölner Fußgängerzone erfunden, praktischerweise zum Start dieses kleinen Blogs.

All die Jahre später gibt’s Rewe to Go an derselben Stelle immer noch. (Obwohl der Großteil seiner Nachfahren längst in Aral-Tankstellen wohnt.) Und selbst wenn sich von außen nicht allzu viel verändert haben scheint: Drinnen hat Rewe in der Zwischenzeit kräftig umgeräumt.

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Der Brötchenknast ist aus der hinteren Ladenecke nach vorne gerutscht und steht jetzt gegenüber der Kaffeeautomaten in der Mitte.

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An seinen Platz ist ein Tresen mit warmem Mittagstisch gerückt – die ursprüngliche Idee, dass sich Kunden gekühlte Fertiggerichte in der ladeneigenen Mikrowelle warmmachen, hat sich also definitiv nicht durchgesetzt. Wobei die mangelnde Appetitlichkeit dabei eher keine Rolle gespielt haben dürfte.

Zumindest ist auch das „Heiß durch die Woche“-Angebot ästhetisch eher im unteren Schnellkantinenbereich angesiedelt. (Was die Kundschaft aber bei meinem Besuch nicht davon abhielt, für das Schöpfessen Schlange zu stehen.)

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Anders gesagt: Könnten Sie auf Anhieb erraten, was da vor den Hähnchenkeulen im metallenen Warmhaltebottich versenkt wurde?

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(Die Auflösung ist: „Red Thai Curry“ vom Donnerstag.) Für den Kampfpreis von 3,80 Euro lässt sich freilich auch kein Top-Essen erwarten, erst recht nicht in dieser Lage.

Warmhaltenahrung kommt bei Sainybury’s Microstore erst gar nicht über den Kassentresen. In bester britischer Manier ist dafür das Angebot vorgepackter Sandwich-Kreationen riesig.

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Brötchenknast kennen die Briten ohnehin keinen, das hat nicht mal die EU hingekriegt, aus der demnächst ausgetreten werden soll. In Holborn gibt’s frische Backwaren sofort am Ladeneingang, wie eh und je drapiert in geflochtenen Körben, damit jeder sich das schönste Croissant raussuchen kann. (Das ebenso wie beim Konkurrenten Tesco nunmehr ausschließlich unkrumm verkauft wird, um die Kunden nicht zu überfordern.)

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Im Gegensatz zum grasgrünen Pausenmarkt-Pendant in Köln macht der kleine Sainsbury’s in Holborn seinen Kunden außerdem eine klare Ansage: Lauf geradeaus! Der komplette Läden besteht bloß aus zwei Längsgängen, einem Quergang und den Kassen.

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Bei denen hat Sainbury’s eindeutig die Nase vorn. Sechs schlanke Selbstbedienungskassen haben sich’s in der Fensterfront am Ladenende bequem gemacht, Bargeld wollen sie auch keins. Die Herrschaften sind schließlich „Card only tills“! Jeder deutsche Supermarkt zöge sich damit unweigerlich den Zorn der Kundschaft zu.

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Wer bei Sainsbury’s trotzdem lieber Münzen und Scheine loswerden will, wird von einem der drei Mitarbeiter an die Theke gerufen, wo auch Zigaretten verkauft werden, und kann sich dort fremdabkassieren lassen.

Die Kassenzahl sorgt in Stoßzeiten dafür, dass die Leute schnell wieder aus dem Laden rauskommen ohne Schlange zu stehen, und dass die Mehrzahl unbemannt bzw. unbefraut ist, hat den Vorteil, dass die Mitarbeiter sich darauf konzentrieren, die Regale nachzufüllen.

Wohingegen der Regal- und Tresenirrgarten des Rewe to Go eindeutig die Tendenz fördert, dass Kunden sich schneller gegenseitig kennenlernen, während sie sich im Weg herumstehen.

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Das liegt auch ein bisschen daran, dass vor die Futtertheke mit dem Warmhalteessen auch noch eine Stehtheke montiert wurde, an der die bezahlte Mittagskost prompt verzehrt werden darf – anders als zur Eröffnung, als Rewe to Go noch völlig stehplatzfrei war. Bei anderen Innenstadt-Läden wird inzwischen bei ausreichendem Platz und Sonnenschein draußen auch gerne mal ein Sitzgrüppchen aufgestellt (wie hier in Düsseldorf).

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Auf diesen Service verzichtet Sainbury’s mit seinem Microstore, der sich ohnehin viel eher als klassischer Mini-Supermarkt versteht – ebenso wie auf platzverschwendende Automaten für Kaffee, den es in Holborn ohnehin alle paar Meter in einem Costa, Starbucks, Eat oder Pret-a-Manger gibt.

Obwohl beide Läden also für ein und denselben Zweck gemacht sind und sich an dieselbe Zielgruppe richten – die eiligen Hungerhaber –, unterscheiden sie sich in vielen Punkten deutlich. Rewe bietet mitten in der Stadt mehr Service und ein warmes Essen zum Mitnehmen; Sainbury’s ermöglicht zackigeres Kassieren und hilft mit klaren Strukturen, langes Suchen zu vermeiden. Am Ende lässt sich so ein britischer Mittagsappetit aber halt doch nicht mit einem deutschen vergleichen.

Ist aber ja kein Grund, sich deswegen gleich die EU-Freundschaft zu kündigen.

Fotos: Supermarktblog

Kurzeinkauf: Penny lädt zum Papp-Buffet, Rewe snackt smileyfrei, Lidls Keks-Fehde mit Leibniz

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Ganze 2150 Taufen

in nur elf Monaten – als Discounterpastor käme man damit vermutlich ins Guinness-Buch der Schnarchrekorde. Penny möchte mit seiner Nachbarschaftskampagne aber noch viel lieber in den Herzen seiner Kunden landen (um von dort aus mit deren Haushaltsbudgets anzubandeln). Im Herbst des vergangenen Jahres rief die Kette deshalb die Kundschaft dazu auf, „ihren“ Penny per Namenszusatz persönlicher zu gestalten. (Hier das ganze Drama zum Nachlesen.)

Inzwischen haben „nahezu alle“ Läden ihre neuen Schilder bekommen. Und weil die Vorschlagsauswahl sorgsam begrenzt war, ist es auch keine große Überraschung, dass die meisten Pennys einfach so heißen wie der Ort, an dem sie sich befinden: Penny Schnarchstraße, Penny Schnarchplatz, Penny am Schnarch.

Ein paar schöne Ausnahmen: Bei mir in Berlin gibt’s einen „Penny Dreiländereck“ um die Ecke (weil der an der Grenze zwischen drei Stadtbezirken liegt), in Köln einen „Penny Kwartier Latäng“, in Wilhelmshaven einen „Penny Am Meer“, in Halle einen „Penny Frohe Zukunft“ (nach der örtlichen Wohnungsgenossenschaft) usw. (Weitere Ausnahmen hat Supermarktblog-Leser Johannes auf Facebook herausgesucht.)

Dass in den Läden jetzt auch Schwarze Bretter angebohrt werden, auf denen sich verlorene Schnuffeltücher annoncieren, Flötenunterrichtsstunden anbieten und gebrauchte Gehhilfen verkaufen lassen, ist ein netter Service (der außerhalb des Discounts längst selbstverständlich ist); dass Penny außerdem als „Viertelausweis“ getarnte Rabattkärtchen vollstempelt, womöglich etwas zuviel des Guten Gutgemeinten.

Mit vollen Händen kann die Kette das Geld für ihre Initiative freilich auch nicht aus der Kasse schleudern. Die Einladung der umworbenen Nachbarn zum Essen ist deshalb eher bescheiden ausgefallen, wie Supermarktblog-Leser Felix S. in einer Lübecker Filiale entdeckt hat:

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Das auf einem Pappaufsteller zur Verkostung hindrapierte Eigenmarken-Mini-Buffet hinterlässt jedenfalls eher einen traurigen Eindruck, wenn vorher schon das halbe Viertel drüber hergefallen ist. Aber bedienen Sie sich ruhig bei den kostenlosen Servietten!

Danke an Felix S. für das Foto!


Nur 5 Jahre

hat Rewe für die Erkenntnis gebraucht, dass es keine schlechte Idee ist, Fertigessen im Laden unter dem eigenen wohlklingenden Namen anzubieten. Erst recht, wenn sich dafür einer anbietet, der schon über zahlreichen Mini-Supermärkten in Innenstädten, an Bahnhöfen und Tankstellen herumhängt. „Fertig ist das neue Frisch“, wirbt Rewe für seine neuen „Rewe to go“-Mitnehm-Snacks: Sandwiches, Müslis, Salate, Microwellen-Aufwärmmahlzeiten, das ganze Programm (das die Discountschwester Penny schon vorgemacht hat).

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Und was das Zeug alles kann! „Gesund“ soll es sein, „lecker komponiert“ und „so schmecken wie selbstgemacht“. (Von kalorienarm hat keiner was gesagt, also wenden Sie Ihren Blick gefälligst ab von der Nährwerttabelle.)

In jedem Fall ist die Erweiterung des Sofortessen-Angebots ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn manche Artikel bloß neu verpackt wurden. Nur die Sache mit der Wiedererkennbarkeit üben wir nochmal.

rewetogoneu01Anstatt das Logo der Minimärkte auch für die Verpackungen der Snacks zu verwenden, hat sich Rewe  nämlichein zweites ausgedacht: eine, ähm, weiße Niere mit rotem Rewe-Schriftzug und kleingeschriebenem „to go“ in dünner schwarzer Schrift … mit drei Punkten dahinter. Damit auch niemand glaubt, dass die auf Snacks spezialisierten Märkte und das gleichnamige Sofortfutter irgendwie zusammenpassen könnten.

Dabei ist das ursprüngliche „to go“-Logo mit dem grünen Smiley-Lachen unter dem „go“ doch hervorragend eingeschlagen! Zumindest im Ausland, wo es von der begeisterten Konkurrenz für die eigene Snack-Theke kopiert wird (zum Vergleichen draufklicken):

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In Sachen Eigenmarken-Rätselhaftigkeit liegt aktuell allerdings Konkurrent Kaufland in Führung. Fast der komplette Discount hat sich in den vergangenen Monaten am Wettbewerb um den dämlichsten Namen für neu eingeführte Veggie-Produkte beworben. Lange sah es so aus, als läge Aldi Nord mit „Mein Veggie Tag“ knapp vor Lidl mit „My Best Veggie“ in Führung. Nun ist Kaufland aber mühelos an beiden vorbeigezogen. Mit der (nicht mehr ganz so) neuen Marke „K – take it veggie (cause you care)“.

Deren Produkte Sie, je nach Filiale, im Fertigtütensalat-Regal beim Obst und Gemüse oder bei den Fertignudeln in der Kühlung am anderen Ladenende finden. Viel Spaß beim Suchen!

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Nach 8 Wochen

Schwarzweißwerben auf Plakatwänden und in Handzetteln ist inzwischen klar, wie wir Lidls große Vergleichskampagne zu deuten haben, in der ein Eigenmarkenprodukt gleichwertig neben dem klassischen Marken-Original abgebildet ist (siehe Supermarktblog). „Sie haben die Wahl“, steht drüber – und das ließ sich dergestalt missverstehen, dass Lidl seinen Kunden die Wahl lassen würde, welches der Produkte ihnen lieber sei.

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In der Radiovariante ist die Ansage sehr viel deutlicher.

Jemand beißt beherzt in einen Keks und eine freundliche Herrenstimme verrät dazu: „Ein Leibniz-Butterkeks.“ Anschließend beißt jemand noch einmal beherzt in einen Keks und die Stimme sagt: „Ein Lidl-Butterkeks.“

„Du sagst, das hört sich gleich an? Wir sagen: Dann hör erstmal unsere Preise: 99 Cent für 200 Gramm Leibniz Butterkeks. Oder 99 Cent für die doppelte Menge Lidl Butterkeks. Beides bei Lidl. Mit 100 Prozent Zufriedenheitsgarantie. Sonst gibt’s das Geld zurück. Lidl lohnt sich.“


Auch andere Marken müssen sich den direkten Radio-Preisvergleich gefallen lassen. Aber Leibniz gehört zu denen, die Hauptkonkurrent Aldi im vergangenen Jahr neu in sein Sortiment aufgenommen hat. Sagen wir mal so: Lidl scheint das nicht so gut gefallen zu haben.

Fotos: Supermarktblog

5 bemerkenswerte Details zum kassenlosen Supermarkt Amazon Go

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Amazon hat angekündigt, nächstes Jahr den Traum so ziemlich jedes Supermarkt-Kunden wahr werden zu lassen: einen Laden, in dem man einkaufen kann, ohne jemals anstehen zu müssen. Weil es dort keine Kassen mehr gibt.

In einem Video checken gut gelaunte Großstädter mit ihrem Smartphone im „Amazon Go“-Markt in Seattle ein, packen einen Salat oder ein Sandwich in ihre Tasche – und gehen einfach wieder raus. Der Konzern verspricht, dass eine selbst entwickelte Technologie die Produkte automatisch erkennt und den Gesamtbetrag beim Verlassen des Ladens vom Konto abbucht. Details sind bislang nicht bekannt. Deswegen lohnt sich’s, genauer hinzusehen:

1. Die neuen Kassen sind Registrierschleusen

Damit der Amazon-Algorithmus die aus den Regalen gegriffenen Artikel tatsächlich dem Kunden zuordnen kann, der sie später verspeist, checken Go-Nutzer mit einem persönlichen QR-Code ein, der sich per App abrufen lässt. (Das wäre dann die gefühlt vierzigste, die Amazon für seine zahlreichen Dienste zur Verfügung stellt.)

Der Scanner ist in einer weißen Registrierschleuse integriert, die es nicht bis zur Flughafenkarriere gebracht hat (Foto oben). Die Schleusen sind beidseitig passierbar, sowohl Eingang als auch Ausgang und verzichten scheinbar auf separate Flügel, die sich nochmal öffnen müssen. Zumindest ist das im Video nicht erkennbar.

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Vermutlich stellt der Algorithmus Kunden, die vergessen, ihren elektronischen Passierschein vorzuzeigen, im Laden dann öffentlich per Lautsprecher zur Rede, um den Check-In nachholen zu lassen. Ein sanfter Stromschlag am Regal täte es freilich auch.

2. Der Computer weiß, welchen Pudding du letzten Sommer gefuttert hast

amazongo10Daran, dass im Supermarkt überall Kameras hängen, haben wir uns gewöhnt und geben uns größte Mühe, beim Einkaufen immer wie aus dem Ei gepellt auszusehen. (Mindestens mit einer frisch gebügelten Jogginghose.) Amazon Go dürfte noch ein paar Kameras mehr aufhängen – und einen Schwung Sensoren zur Party dazu einladen. Damit die zusammen protokollieren können, was wir aus den Regalen grabbeln, um es auf unseren virtuellen Kassenzettel zu setzen.

Im Video sieht es so aus, als sei die entsprechende Technik in den Regalköpfen angebracht. Sie soll auch Zurückleger verstehen, die sich umentscheiden und einen Artikel wieder zurücktragen. Mal abwarten, ob sie auch mit Verteilern fertig werden, die Artikel an beliebigen Orten im Laden fallen lassen, wenn sie sich spontan gegen den Kauf entscheiden.

3. Ein neuer Snackladen ist in der Stadt!

amazongo06In der Ankündigung lässt Amazon seine gutaussehenden Kundendarsteller durch eine üppig ausgestattete Abteilung mit Sofortessen laufen, in der Aufwärm-Mahlzeiten, Salate, Sandwiches und Getränke im Kühlregal stehen. „Good Food Fast“ heißt es darüber; an einer Stelle ist das Sandwich-Versprechen „made here daily“ zu lesen (also die täglich frische Produktion direkt im Laden); am Eingang steht: „no-line lunch, go ahead“.

Damit träte Amazon nicht nur in Konkurrenz mit klassischen Supermärkten, sondern würde auch Snack-Ketten und Fastfood-Läden wie Pret-A-Manger in Großbritannien, Chipotle in den USA und natürlich McDonald’s Konkurrenz machen. In Deutschland wären nicht mal mehr Bäcker sicher vor den Ambitionen des Konzerns. Noch dazu ist der Name des ersten Amazon-Supermarktkonzepts ist ein vergifteter Gruß an Convenience-Konkurrenten wie Rewe to Go.

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Vorausgesetzt, der Laden im Video ist identisch mit dem echten, sortiert Amazon sein Sofortessen wohl nach Mahlzeiten, Gängen bzw. Zutaten. An einem Regal sind die Zuordnungen „Entrees“ bzw. „Salads & Bowls“ sowie die Zutaten-Wahlmöglickeiten „Beef“, „Chicken“ und „Tofu“ zu lesen. (Interessanterweise mit scheinbar fest drangepinselten Preisen.)

4. PVI – Plastikverpackungsinferno

Jede. Mahlzeit. Ist. Extra. Eingepackt. Selbst in der „Bäckerei“ scheint jede Backware separat in einen Karton geschubst worden zu sein – vermutlich, weil Amazons Computer-Technologie vom Chaos in einem durchschnittlichen Lidl-Brötchenknast heillos überfordert wäre. Das hieße aber, dass das ach so fortschrittliche Amazon-Go-Konzept aus Umweltsicht hoffnungslos rückständig wäre. Und einen Haufen Plastikmüll für jeden Einzelartikel produzieren würde.

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(Das kriegen die klassischen Supermärkte freilich auch hin. Schauen Sie mal hier: das Halbe-Hähnchen-Angebot im neuen Real-Konzept „Markthalle Krefeld“.)

amazongo08Die Behältnisse, mit denen sich das Plastikverpackungsinferno aus dem Laden transportieren lässt, bessern die Ökobilanz womöglich etwas auf. An Regalen sind Fächer mit Papiertüten angebracht, und im Markt scheinen Kunden gleich mehrfach stabilere Mehrwegtaschen in Amazon-Orange aufgedrängt zu kriegen.

5. Das Preis-Rätsel

Preisetiketten lassen sich zwar erahnen, im Video sind sie aber allesamt so schön unscharf abgefilmt, dass darauf nichts zu erkennen ist. Die Frage ist: Bringt Amazon seine Preispolitik aus dem Netz auch in den Supermarkt? Und zahlt jemand, der zur Stoßzeit Mittag macht, für seinen Quinoa-Salat dann 20 Cent mehr als jemand, der später eintrudelt? Also genau das, was die klassischen Supermärkte bislang beteuern, mit ihren elektronischen Preisetiketten nicht umsetzen zu wollen, um Kunden nicht zu verärgern?

Das potenzielle Ende des Schlangestehens klingt zwar fantastisch. Aber womöglich verleitet der kassenlose Supermarkt bloß dazu, künftig weniger genau auf das zu gucken, was wir für die gewonnene Simplizität in Rechnung gestellt kriegen.


Auch darüber hinaus wirft Amazons Technik einen ganzen Haufen Fragen auf: Dürfen Kunden, wenn ihr Handy zu alt ist oder die App nicht Betriebssystem-kompatibel, künftig nicht mehr einkaufen gehen? Wird die Prime-Mitgliedschaft, die dafür ganz sicher notwendig ist, endgültig als Religion anerkannt? Hängen wir künftig in der Telefon-Hotline, wenn uns der falsche Pudding abgerechnet wurde? Und wollen wir wirklich, dass Amazon nicht nur weiß, was wir online alles anklicken, sondern auch, wo wir im Laden zu lange rumstehen, um auf ein Dessert zu schielen?

Die Supermärkte können sich derweil fragen, ob sie mit dem Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh bislang den falschen Dienst bezittert haben – und viel mehr fürchten müssen, dass ihnen der Alleshändler aus Seattle das traditionelle Ladengeschäft durcheinander wirbelt.

Angesichts vieler tausend Supermärkte und Discounter im ganzen Land: vielleicht nicht sofort. Aber mit der Kasseneliminierung demonstriert Amazon endgültig, sich nicht mehr auf den virtuellen Raum beschränken zu wollen.

Das EHI Retail Institute hat erst vor wenigen Wochen die Ergebnisse einer Kundenbefragung (PDF) veröffentlicht, in der vor allem die jüngeren Befragten angaben, sehr häufig Systeme zu nutzen, mit denen sie ihre Artikel im Supermarkt im Laden während des Einkaufs selbst scannen können, bevor sie den Endbetrag zahlen.

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94 Prozent gaben an, damit Wartezeiten an der Kasse vermeiden zu wollen; 98 Prozent erklärten, es sei ein Vorteil, den ganzen Kram später nicht nochmal aufs Kassenband packen zu müssen. Die Supermärkte können mit dem System die klassische Kassenzone entlasten.

„Trotz dieser offenbar für beide Seiten entstehenden Vorteile ist das Angebot von derzeit rund 25 Geschäften mit Self-Scanning-Systemen in Deutschland sehr übersichtlich“,

schreiben die EHI-Umfrager. Oder, anders formuliert: Das Potenzial für Amazon, etablierte Anbieter dort zu treffen, wo sie glauben, sich im stationären Geschäft nicht bewegen zu müssen, ist riesig.

Screenshots: Amazon/Youtube; Foto: Supermarktblog

Der kleine Lidl Express in Berlin-Schöneberg möchte von seiner Mama eröffnet werden

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Die grau gerahmten Fenster sind mit Plastikplanen verklebt, das Ladenlogo über der Eingangstür ist mit einer Plane verhüllt, die auch am Silvestertag nicht weggeböllert wurde. Bislang weist noch nichts darauf hin, was Lidl hier in der Berliner Goebenstraße demnächst vorhat.

Wie die „Lebensmittel Zeitung“ berichtet, will der Discounter im Bezirk Schöneberg „Lidl Express“ eröffnen: einen Laden, dessen Angebot sich stark auf Lebensmittel konzentrieren soll, die sofort aufgegessen oder für den baldigen Verzehr benötigt werden; und wo gleichzeitig der ganze online bestellte Rest eingesammelt werden kann. Sozusagen in einer begehbaren Lidl-Abholstation.

Die LZ hat auch schon einen Blick in den noch nicht ganz fertigen Markt werfen können.

Die Schaufenster der aussortierten Altfiliale (Street View vom Sommer 2008) sind zwar gänzlich unbeklebt, vorübergehend aber wie gesagt plastikfolienbehängt, damit die Neugierde der Passanten wohl nicht überhand nimmt. Wer durch eine Lücke im Folienvorhang schielt, sieht aber zumindest, dass der Laden ziemlich fertig ist und jederzeit die Aufbacköfen angeworfen werden könnten, in die dann prima das aufgebrezelte Snack-Allerlei reinpasst, das Lidl schon in seinen klassischen Märkten testet (siehe Supermarktblog vom November).

Gleich hinterm Ladeneingang ist Platz für frisches Obst und Gemüse, eine Reihe weiter stehen die Kühltheken parat, und die Beschriftung an den Wänden lässt erahnen, dass der Einkauf im Express-Lidl zackig gehen soll: Neben der „Tiefkühkost“ wartet gleich der „Wein“ und ein paar Meter daneben steht man schon an den tresenartigen Kassen, die – zumindest in deutschen Lidl-Filialen – zu den größten Neuerungen gehören dürften.

Bislang hält Lidl in seinem Stammland allen Modernisierungsanstrengungen zum Trotz eisern an seiner alten, auf Großeinkäufe ausgelegten Kassenrampe fest. Über die muss sich weiter jeder Kunde quälen, auch wenn er eigentlich nur ein paar Artikel auf dem Arm hat.

Dass das auch anders geht, zeigt der Discounter zum Beispiel in Großbritannien. Mehr dazu steht hier.

Interessant wird in Berlin-Schöneberg insbesondere die von der LZ angekündigte Abholmöglichkeit für Online-Bestellungen, über die in den Medien schon seit mehreren Wochen spekuliert wird. Lidl wäre die erste deutsche Handelskette, die das „Click & Collect“-Prinzip nicht als „Drive“-Konzept umsetzt (so wie Rewe und Real), sondern mit einer „Walk“-Lösung für Großstädte in zentraler Wohngebietslage.

Mehr dazu steht an dieser Stelle, sobald Lidl die Planen abhängt.

Fotos: Supermarktblog

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Mehr Veggie im Kühlhippo: Kaufland ergänzt seine Märkte mit „To Go“-Abteilungen

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Die Krokusse sind früh dran dieses Jahr, aber sie sprießen schon: Zumindest vor der neuen „To Go“-Miniabteilung, die sich Kaufland in eine seiner Berliner Filialen gestellt hat, die bereits ins neue Design umdekoriert wurde (Foto oben). Direkt hinterm Obst und Gemüse und vor der Gartenpflanzaktionsinsel, die den Gemüsekonserven ein paar Quadratmeter Platz abgetrotzt hat, hängt unübersehbar der Sortimentshinweis – in Kauflands neuem Piktogramme-Memory mit selbstbewusster Gradlinigkeit von einem Kaffeebecher repräsentiert.

Was insofern ein bisschen unpraktisch ist, weil’s in den beiden riesigen, nach allen vier Seiten offenen Kühlhippos darunter natürlich keinen frisch gebrühten Kaffee gibt. (Sonst wären’s ja Brühhippos.)

Nie wieder Schnitzelersatzjagd

Dafür hat Kaufland dort – endlich! – einen einheitlichen Platz gefunden für Smoothies und Säfte, Salate und Frikadellen, vegetarische und vegane Artikel, die bislang über viele Abteilungen im Markt verstreut waren und von hungrigen Mittagspäuslern deshalb in einer meist aufwändigen Schnitzeljagd (bzw. Schnitzelersatzjagd) zusammengesucht werden mussten.

In den Hippos ist außerdem deutlich mehr Platz als in den schmalen Kühltheken, die sich Fertigsalate und Veggie-Artikel bislang noch in den meisten Märkten als Anhängsel des Obst- und Gemüse-Sortiments teilen müssen.

Deshalb fällt auch die To-Go-Auswahl deutlich größer aus als bisher: Vegetarische Wurst-, Schnitzel- und Buletten-Alternativen belegen mit dem veganen Käse eine komplette Hippo-Querseite, die Salate dürfen sich daneben genauso breitmachen, und an der flurzugewandten Hippo-Front ist ein ganzer Schwung Salate, Suppen, Wraps und Sandwiches des Sofortessen-Herstellers Natsu Foods in die Truhe gehüpft, laut Regalauszeichnung sind die Artikel neu im Kaufland-Sortiment.

Auf die Frage, ob die Abteilung zum Kaufland-Standard werden soll, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens:

„Zukünftig werden nahezu alle unsere Filialen durch einen To-Go-Bereich ergänzt. Hierfür werden bereits vorhandene Artikel neu platziert. Die Umstellung hierzu erfolgt im Laufe dieses Jahres.“


Mehr zum Thema:

Fotos: Supermarktblog

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Rewes Ladendesign-Offensive: Mehr Schick, mehr Snacks – und das Ende des Vorkassenbäckers?

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Wenn sich Discounter immer öfter anstrengen, wie Supermärkte auszusehen, müssen sich Supermärkte künftig anstrengen, nicht wie Discounter auszusehen. Rewe testet seit einigen Monaten, wie das funktionieren könnte und hat zu diesem Zweck ein neues Ladendesign entwickelt, das derzeit unter anderem in Berlin und München ausprobiert wird.

„Die demografische Veränderung der Gesellschaft mit allen damit verbundenen Ausprägungen wie beispielsweise eine wachsende Zahl von Single-Haushalten oder Veralterung führen zu neuen Trends im Konsumverhalten, auf die wir als REWE wie auch der gesamte Lebensmitteleinzelhandel schnell reagieren müssen. Vor diesem Hintergrund investieren wir permanent in verschiedene Test- beziehungsweise Konzeptansätze“,

erklärt das Unternehmen auf Anfrage, verrät aber keine Details. Das Supermarktblog hat sich in drei der neu gestalteten Märkte umgesehen und stellt die wichtigsten Änderungen vor.

Teil 1: Vom Bistro-Ensemble zur Frische-Fusion

Künftigen Generationen wird vermutlich nur schwer zu beizubringen sein, dass sich Kunden im Supermarkt früher mal durch Schranken und Barrieren quetschen mussten, um eingelassen zu werden. In vielen Läden sind die Einbahnstraßen-Installationen der Vergangenheit schon heute Geschichte.

Rewe geht noch einen Schritt weiter und empfängt Besucher in neu gestalteten Märkten stattdessen mit einem Ensemble aus Snack-Theke mit Sitzecke, Salatstation und Sushi-Bar. Statt Schranken gibt’s „Dansk Burger“, Penne mit Bolognesesoße, aus der Aluschale hochgebockten Leberkäse und einen flotten Espresso danach. Bon Appetit!

Das „deli am Markt“ ist das Herzstück im Eingangsbereich der Design-Läden – und zumindest zur Mittagszeit ein absoluter Hit in der Nachbarschaft, wie hier in Berlin-Rummelsburg:

Besonders raffiniert ist die Snack-Auswahl nicht (siehe Supermarktblog); aber die Preise zwischen 1 und 3 Euro für sämtliche Gerichte fallen mehr als moderat aus – und dienen ganz klar dazu, erstmal möglichst viele Menschen in den Laden zu bringen.

Günstiger wär’s an der Imbissbude schließlich auch nicht. Und für die Sitzecke mit schlichten Tischen und gelb-/orangefarbenen Stühlen hat Rewe – je nach Laden – mächtig Platz freigeräumt.

Damit folgt die Supermarktkette (erneut) einem Prinzip, mit dem auch Ikea erfolgreich ist: Satte Kunden sind zufriedene Kunden und kommen gerne wieder. Neu ist diese Erkenntnis nicht; allerdings scheint Rewe darauf hinzuarbeiten, sie zu einem festen Bestandteil auch von mittelgroßen Supermärkten zu machen. Und ist beim Einbau des „deli“ deshalb auch erstaunlich flexibel.

Während sich das Bistro in Rummelsburg aus Platzgründen bis zu den Kassen auf der anderen Seite zieht (Foto oben), ist es im neugebauten Markt in Berlin-Niederschönhausen direkt an die Ladenfront vor den Parkplatz gesetzt worden – ähnlich wie es viele SB-Warenhäuser lange praktiziert haben. (Nur schicker.)

In der Neuen Hopfenpost um die Ecke des Münchner Hauptbahnhofs verschmilzt das „deli“ hingegen unmittelbar mit dem Markt und bietet dank eigener Quiche-Theke zugleich eine deutlich größere Snack-Auswahl, die nicht ausschließlich fleischbasiert ist.

Es sieht ganz so aus, als würde Rewe mit dieser Initiative zugleich das Aus der Vorkassenbäcker in seinen Märkten einläuten. Die gehörten – auch in vielen Rewe-Neueröffnungen – bisher zum Standard, betrieben z.B. von regionalen Bäckereiketten. In den Design-Märkten werden sie nicht mehr gebraucht.

Belegte Backwaren gibt’s – arg schlicht mit Käse beschmückt oder fingerdick Hack-bestrichen – in der „deli“-Theke, in der bisweilen ordentlich Raum für das Billigbrötchen-Bataillon reserviert ist.

Alle weiteren Backwaren fischen die Kunden sich selbst aus dem weit nach vorne geholten Brötchenknast, der – anders als bei der Discount-Konkurrenz – nicht fest an der Marktseite installiert ist, sondern aus rollbaren Brötchenknastzellen besteht, die Kunden direkt in den Laden hineinleiten und mit einer Auswahl von bis zu zwölf unterschiedlichen Backüberraschungen pro Einheit (!) auftrumpfen.

Damit kann Rewe nicht nur dem Brötchenknastkönig Lidl locker die Stirn bieten, sondern braucht auch viel weniger Platz, weil die „deli“-Mitarbeiter sich laufend auch ums Back-Eldorado kümmern. Was bei einer derart üppigen Auswahl auch dringend nötig ist, um nicht schäbig zu wirken.

(Dass in den Zellen auch Donut-Familienrationen in Plastikträgern angeboten werden, lässt allerdings vermuten, dass Teile des bisherigen Kuchensortiments lediglich vom Regal in die Knasts verlagert wurden. Und passt so gar nicht zur aktuellen Rewe-Anstrengung, als Plastikvermeider zu glänzen.)

In Berlin hat Rewe seine Baker Street übrigens „Brotmeister“ getauft; in den Bayern hört sie auf den wohlklingenden Namen „Pane Bavaria“.

Fester Bestandteil der Design-Märkte sind außerdem Salattheken, die in der Regel in der Nähe der (vom Partner Eat Happy betriebenen) Sushi-Stände rumlümmeln und durch Kühltheken mit Sofortessen der Eigenmarke „Rewe to Go“ (siehe Supermarktblog) ergänzt werden.

Wer das Sushi passiert hat, steht meist schon im zweiten Teil der Frische-Inszenierung: vor der mit den Bedientheken fusionierten Obst- und Gemüseabteilung, die von Kühlregalen mit vegetarischen Lebensmitteln und Salaten eingerahmt werden, über die Rewe den Serviervorschlag „Schnell und einfach genießen“ geschrieben hat.

Statt des bislang verwendeten Konsumbefehls „ENTDECKEN – ERLEBEN – GENIESSEN“ in großen weißen Blockbuchstaben steht an der Rückseite der Bedientheken in Rewes filigraner neuer Hausschrift jetzt wieder dran, was vorne drin ist: Fleisch, Wurst, Fisch.

Die Portionierstationen schimmern nicht zwangsläufig in edlem Schwarz (wie in Niederschönhausen), es gibt sie auch cremefarben (in Rummelsburg) bzw. mit hellblau-meeresanffinen Fliesen(in München). Immerzu sind die Bildschirme mit den Wochenangeboten allerdings wohnzimmerhaft-dekorativ in Holzregale eingerahmt.

Im Niederschönhauser Markt gibt es eine zusätzliche Besonderheit, die auf zahlreiche Rewe-Neubauten mit ähnlichem Grundriss übertragbar sein dürfte: Der Eingang in der Marktmitte führt direkt in die nach hinten versetzte Obst- und Gemüseabteilung, die sich an die riesige Frischetheke schmiegt. Alle weiteren Sortimente sind in den linken bzw. rechten Marktflügel sortiert.

Dadurch verzichtet der Markt auf einen klar vorgegebenen Kundenlauf, an den sich viele große Supermarktketten in den vergangenen Jahrzehnten bei der Gestaltung ihrer Läden geradezu sklavisch gehalten haben. Kein Mensch weiß, warum: In der Flügelvariante kauft sich’s deutlich angenehmer ein. Und niemand muss einmal die komplette Runde zurücklaufen, bloß weil er die Bananen vergessen hat.

Nur für Supereilige ist das ungewohnte Laden-Layout vermutlich weniger praktisch.

Auf die scheint Rewe aber ohnehin nicht mehr zu zielen: Wer bloß Vorräte in seinen Einkaufswagen schaufeln und dann möglichst schnell zur Kasse hechten will, kann ja genauso gut den Rewe Lieferservice nachhause bestellen. Das neue Markt-Design ist klar darauf ausgerichtet, Kunden Produkte entdecken zu lassen und ein bisschen länger da zu behalten als sie sich das eigentlich vorgenommen haben.

Wie Rewe das genau macht und wo die Schwächen des neuen Konzepts liegen, steht im nächsten Supermarktblog-Eintrag.

Fotos: Supermarktblog

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Aldi Süd oder Aldi Nord – wer hat das frischere Aufbackrezept?

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Aldi Nord und Aldi Süd mögen zwar separate Unternehmen sein, am Ende überwiegen bei Strategie, Sortimentsaufteilung und Werbung jedoch oft die Gemeinsamkeiten. Mit einer Ausnahme: Die Albrecht-Ableger verfolgen im Discount grundlegend andere Aufbackwege. Welche der Taktiken geht gut auf? Und wer muss womöglich bald andere Pläne kneten? Ein Vergleich in zwei (relativ) neu eröffneten Märkten.


Das Aldi-Süd-Rezept

Zutaten:

  • 1 unsichtbarer „Backofen“
  • 3 mannshohe Metallplatten
  • 15 Druckknöpfe
  • 10 bis 15 laufende Meter Holzverkleidung (aus dem Baumarkt)
  • 1 Kühlregal

So wird’s gemacht: Die Metallplatten schwarz lackieren, mit Riesenbrezeln dekorieren und vor den unsichtbaren „Backofen“ schrauben. Kühltheke daneben platzieren und ruhen lassen. Währenddessen Druckknöpfe einfetten. Die Holzverkleidung zurecht sägen und um das Backensemble legen, sodass sämtliche sichtbaren Ränder bedeckt sind. Aufbackware in den unsichtbaren „Backofen“ einlegen und nach Kundenknopfdruck herausklonken lassen.

So wird’s serviert: „immer frisch von früh bis spät“, lautet das sehr klein geschriebene Versprechen auf dem nagelneuen Backtresor in der schick designten Unterhachinger Aldi-Süd-Filiale bei München. Den Kunden bleibt nichts anderes übrig, als das zu glauben. Selbst überzeugen dürfen Sie sich von der verheißenen Frische erst, wenn ihnen die bestellte Backware in den dafür vorgesehenen Ausgabeschlitz geschossen wurde.

„Das Betätigen einer Taste verpflichtet zum Kauf“,

mahnt ein gleich mehrfach auf der metallenen Front angebrachter Schriftzug (dessen rechtliche Gültigkeit zumindest in Zweifel gezogen werden darf).

Die modernisierte Variante des vermeintlichen „Backofens“ mag nicht mehr ganz so trist aussehen wie ihr beiger Vorfahre. Der Inhalt bleibt mit gerade einmal 13 Aufbackprodukten aber weiter übersichtlich: Brötchen, Baguette und Ciabatta, zweimal Lauge, Croissants (mal süß, mal süßer) und die Pizza-Snacks „Margherita“ und „Classico“ werden per Knopfdruck heiß gefönt – letztere noch dazu „in praktischer Schale für Entnahme und Transport!“ Hier, bitte:

Selbige Schale, ein Papierkarton mit Plastikfoliengrundierung gegen die Durchfettung, schmälert die Händlermarge des ohnehin günstigen Snacks (zu 79 Cent) zusätzlich. Und sorgt beim Kunden, zusammen mit der Klarsichttüte, in die sie rutscht, für ein schlechtes Müllgewissen.

Maximale Auswahl scheint für Aldi Süd bei seiner Aufbackstrategie schon mal nicht im Vordergrund zu stehen, eher die (verhältnismäßig neue) Kombination des Backtresors mit der kalten Theke nebenan, in der Smoothies, Säfte, Salate, Joghurts, geschnittenes Obst, Wraps und Sandwiches darauf warten, vom eiligen Mittagspäusler zur Kasse getragen zu werden. (Ohne Knopfdruck.)

Kann natürlich auch sein, dass Aldi Süd damit bloß zu kaschieren versucht, was für eine doofe Idee das damals war, sich Maxi-Backmonster in die Läden zu stellen, aus denen dann bloß ein Mini-Sortiment verkauft werden kann.


Das Aldi-Nord-Rezept

Zutaten:

  • 2 Brötchenknastfassaden mit jeweils 4 Zellenreihen
  • 10-12 Eisenrüttler (nach Bedarf)
  • Krümelrutschen, Plastiktrenner
  • 1 Brotschneidemaschine
  • 1 geheimnisvolle Zaubertür

So wird’s gemacht: Zellen für die Füllung mit Krümelrutschen auskleiden und Plastiktrenner einsetzen. Gründlich mit den Brötchenknastfassaden vermengen und in die Filiale stellen. Brotschneidemaschine am Rand festdrücken. Hinter der geheimnisvollen Zaubertür verschwinden, um Aufbackware vorzubereiten; in die dafür vorgesehenen Zellen stopfen.

Bitte servieren: „Mein Bestes“, schreibt Aldi Nord auf eine verschnörkelte Tafel über seinen doppelten Brötchenknast, aber „Mein Meistes“ wäre auch nicht falsch gewesen. In der frisch eröffneten Brandenburger Filiale am Vorortwaldrand von Hohen-Neuendorf, die sich am Gladbecker Design orientiert (siehe Supermarktblog), backt der Discounter alles auf, was die Tiefkühlung hergibt: Franzbrötchen, Apfelecken, Käse-Zwiebel-Brötchen, Fitnessstangen, Dinkelschrippen, Chia-Brot – und simple „Bäckerbrötchen“ dürfen auch nicht mehlen fehlen. Selbst wenn die dafür verwendete Rohlinge bestenfalls beim Transport in die Filiale mal an einem Bäcker vorbeigefahren sind.

42 – zweiundvierzig! – unterschiedliche Aufbackprodukte zählt der staunende Brötchenknastgast, alleine acht Brotsorten, zwei davon in Bio-Qualität.

Das ist vielleicht doch nicht die Antwort auf alles. Aber zumindest auf die Aufbackstrategie der Discount-Schwester: Nord bringt mehr als dreimal so viele Artikel wie die Süd auf ungefähr derselben Backstrecke unter – und kriegt daneben auch noch eine Brotschneidemaschine gestellt. Konkurrent Lidl treibt inzwischen einen vergleichbar hohen Aufwand, bleibt bei der Artikelzahl aber ebenfalls hinter Aldi Nord und benötigt für seine großzügigeren Brötchenknasts deutlich mehr Platz.

Freilich hat die Nord-Lösung auch gravierende Nachteile: Zum Beispiel viel mehr (Personal-)Aufwand bei der kontinuierlichen Warenbeschüttung, im Zweifel bis in den Abend hinein, wenn die Wegwerfgefahr kurz vor Ladenschluss gefährlich ansteigt.

Mittelfristig droht Aldi Nord zudem wohl die Befreiung zusammengepferchter Croissants durch engagierte Backtivisten. Von artgerechter Gebäckhaltung lässt sich in vielen Zellen aktuell jedenfalls kaum sprechen:


Fazit: Wer backt besser?

Auswahl oder Aufbacksimulation – was trifft den Geschmack der Discountkunden besser? Keine Frage: Das hölzern ummantelte Snack-Ensemble in den Süd-Märkten fügt sich hervorragend ins aufgemöbelte Ladendesign ein und sieht schick aus.

Aber wenn man sich von den Familienpartys leiten lässt, die sich freitagnachmittags vor den Brötchenknastzwillingen in der Brandenburger Nord-Filiale ereignen, dann kriegt der bislang eher nicht für seine Innovationen bekannte kleinere Aldi-Bruder seine Strategie wohl besser gebacken. Dass man als Kunde dabei nicht unnötig Wert auf eine ansprechende Produktpräsentation legen darf, scheint dem zumindest nicht im Wege zu stehen.

Immerhin sind sich die Discount-Geschwister bei der Positionierung des Bäckerersatzes einig: ganz weit vorne im Laden.

Am Ende sieht es aber ganz danach aus, als ob Aldi Nord diesmal flexibler auf die Wünsche der Discountkundschaft zu reagieren wüsste. So flexibel, dass der noch vor wenigen Monaten zum Standard ernannte, aber – aus verständlichen Gründen – wohl wenig genutzte Kaffeeautomat in der Filiale in Hohen-Neuendorf von vornherein weggelassen wurde.

So ein Zeitschriftenregal passt ja als Lückenfüller auch ganz gut an die Schrippenfront:

Fotos: Supermarktblog"

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Restaurants gegen Supermärkte gegen Lieferdienste: Der Kampf um Draußenesser

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Mit gastronomischen Angeboten und einem wachsenden Angebot an Snacks zum Sofortessen verköstigen Supermärkte zunehmend auch solche Kunden, die nicht in die Läden kommen, um sich den Einkaufswagen mit Vorräten vollzustapeln. Sondern einfach Hunger haben. Jetzt. Sofort. Damit machen sie (Fast-Food-)Restaurants, Bäckereien und Imbissen Konkurrenz.

Das funktioniert angesichts größer werdender Konkurrenz aber natürlich auch anders herum: Wer seinen Salat beim hippen neuen Food-Konzept um die Ecke kauft, geht dafür nicht mehr zu Rewe; Kochboxen-Besteller kriegen die Zutaten, die sie sonst bei Edeka oder Real kaufen würden, direkt nachhause gebracht (in den USA jetzt auch von Amazon); und wenn Deliveroo oder Foodora an der Tür klingeln, ist der Tiefkühlpizza-Erwerb bei Kaufland überflüssig.

Der so genannte „Außer-Haus-Markt“ ist laut BVE der zweitwichtigste Absatzkanal für die Ernährungsindustrie in Deutschland. Dazu kommt, dass die Deutschen den Marktforschern der GfK zufolge für Güter des täglichen Bedarfs (FMCG) deutlich seltener einkaufen gehen als noch vor einigen Jahren: 2012 waren es 241 Einkäufe pro Jahr, 2016 nur noch 228 (PDF). In den USA geben die 24 bis 35-Jährigen i laut „Wall Street Journal“ (Paywall) jährlich deutlich weniger Geld im Supermarkt aus als der Durchschnitt (3.539 vs 4.015 US-Dollar) – und dramatisch weniger als noch 1990.

Womöglich müssen sich die Handelsketten auch hierzulande darauf einstellen. Weil Kunden immer mehr Möglichkeiten haben, schnell und lecker satt zu werden – und Märkte bzw. Konzepte zunehmend verschmelzen.

Deshalb lohnt sich’s, mal genauer hinzuschauen, wer eigentlich unter den Nicht-Supermärkten den Ton angibt.


1. Fast 1.000 Euro im Jahr für Küchennichtbenutzung

Mit ihrem Verbraucherpanel („CRESTonline“) ermittelt die npd group Deutschland jedes Jahr, wieviel hierzulande für „gastronomische Leistungen“ ausgegeben wird und hat für 2016 satte 75,8 Milliarden Euro errechnet. Im Schnitt war jeder Deutsche im zurückliegenden Jahr 140 Mal draußen essen und hat dafür 6,54 Euro ausgegeben. An dieser Zahl lässt sich schon erahnen, dass dazu nicht nur die Pizza beim Italiener zählt, sondern auch das belegte Brötchen auf dem Weg zur Arbeit. Auf jeden Einzelnen gerechnet liegen die Ausgaben für Draußenessen bei 930 Euro pro Jahr (siehe BVE-Jahresbericht 2017, S. 24f). Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor waren es 66,4 Milliarden Euro, die Ausgaben pro Kopf lagen im Schnitt bei 5,64 Euro – mit ebenfalls 140 Draußenessen im Jahr (BVE-Jahresbericht 2012, S. 14).

2. Snacken ist einfacher als Kochen

Die Marktforscher prognostizieren, dass die Umsätze weiter steigen: weil die Kunden bereit seien, „mehr Geld in der Gastronomie auszugeben“. Dazu komme „der Bedarf, fehlendes Kochwissen durch einen Restaurantbesuch zu kompensieren“, wie die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erläutert.

Die GfK sieht in ihrem „ConsumerScan Panel“ derweil einen „Bedeutungsverlust des Alltagskochs“ (PDF): 2013 umfasste die Zuordnung noch 29 Prozent der Deutschen, 2017 sind es nur noch 23,1 Prozent. Die unterschiedlichen Kochtypen werden von der GfK anhand ihres Einkaufsverhaltens charakterisiert. Wer viele Produkte wie frisches Fleisch und Gemüse kauft, gehört z.B. mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Selbstkochern („Wochenendkoch“, „Gelegenheitskoch“ usw.). Wer sich eher für Konserven und Fertigprodukte entscheidet, ist vermutlich „Verzehrer“ (z.B. „Aufwärmer“, „Snacker“, oder eben „Außer-Haus-Esser“, die bei der GfK aber auf einen mit schwankendem Anteil kommen).

3. Burger, Köttbullar, Flugessen – die wohlgenährte Top 10

Den größten Anteil im Draußeness-Markt nehmen npd zufolge die klassische Bediengastronomie und Hotelrestaurants ein (29,8 Prozent), gefolgt von der Schnellgastronomie (24,2 Prozent). Die Erlebnisgastronomie (z.B. Freizeitparks) schnappt sich 13,1 Prozent, 7,2 Prozent gehen an Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzverpflegung (d.h.: Kantinen).

Die Fachzeitschrift „food service“ schaut sich jedes Jahr an, wer die Top-100-Unternehmen sind, die in der deutschen Systemgastronomie das Geld verdienen. An erster Stelle steht – allen vermeintlichen Krisen zum Trotz: McDonald’s. Und zwar mit von „food service“ geschätzten 3,1 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland.

An zweiter Stelle folgt der Konkurrent Burger King (geschätzte 900 Mio. Euro Jahresumsatz). Ebenfalls in den Top 10 (hier als PDF ansehen): haufenweise Unternehmen, die man erstmal gar nicht der klassischen Gastronomie zu ordnen würde: z.B. Lufthansas Verpflegungssparte Sky Chefs auf Platz 3 (802 Mio.), Tank & Rast Autobahnverpflegung auf Platz 4 (geschätzte 622 Mio.), Ikea auf Platz 9 (221 Mio.). Platz 10 gehört dann bereits einem alten Bekannten aus dem Handel: Edeka – vor allem wegen seiner Bäcker und den Gastro-Angeboten in den Märkten (212 Mio. Umsatz).

4. Es geht doch nix über ein belegtes Brötchen

Ein völlig anderes Bild ergibt sich, wenn man sich nicht die Umsätze, sondern die Besuchsanteile innerhalb der Schnellgastronomie anschaut: Da kommen die Burger-Ketten laut npd Group nur auf 17,8 Prozent. Am häufigsten gehen deutsche Draußenesser – Sie haben’s sicher erraten: zum Bäcker. Fast ein Viertel aller Besuche (23,6 Prozent) führen an eine Theke mit (belegten) Brötchen. Dazu passt, dass vor allem Besuche zur Frühstückszeit deutlich ansteigen – während die zu den übrigen Tageszeiten im Vergleich dazu leicht rückläufig sind.

5. Darf’s heute mal eine edlere Bulette sein?

Neue Anbieter versuchen zunehmend, Bäckern und Frühstück den Titel streitig zu machen. Und haben Erfolg, weil sie sich am Trend zur „Premiumsierung“ orientieren. Der sorgt dafür, dass viele Konsumenten nicht mehr nur schnell essen wollen, sondern manchmal lieber: besser. Also mal keine pappige Bulette nebst schlappen Fritten, sondern lieber einen veganen Burger vom frischen Brötchen mit knusprigen Süßkartoffelpommes.

Das hat die erst 2010 gegründete Burgerkette Hans im Glück innerhalb weniger Jahre deutschlandweit wachsen und mit 87,4 Mio. Euro Jahresumsatz auf Platz 31 des „food service“-Rankings vorrücken lassen. 32 Filialen des für Sitzwaldrestaurants gibt es derzeit, und es wären noch ein paar mehr, hätte sich der Gründer zwischenzeitlich nicht mit einem der Franchise-Partner zerstritten, der seine Restaurants inzwischen unter dem Namen „Peter Pane“ (mit vergleichbarem Konzept) betreibt und zum Konkurrenten geworden ist.

6. Nudeln an der Börse

Das erfolgreichste neue deutsche Restaurantkonzept der vergangenen Jahre ist aber ausgerechnet eine Italienische-Pasta-Kette, die längst weltweit expandiert und ihre Nudeln gerade an die Börse getragen hat: Vapiano (auf Platz 11). Derzeit sieht es so aus, als könne das Franchisekonzept L’Osteria (ebenfalls mit italienischem Ambiente) an diesen Erfolg anknüpfen: „food service“ registriert die Kette als eines der Gastro-Unternehmen mit dem größten Wachstumsvolumen.

7. Kenn ich, ess ich

Die Marktforscher von Sinus können möglicherweise erklären, warum. Das Unternehmen gruppiert Konsumenten mit ähnlichen Werten und Vorlieben in voneinander abgegrenzten „Milieus“, die sich dadurch konkret als Zielgruppe ansprechen lassen – auch in der Gastronomie.

Auf dem 2. Gastro-Immobilien-Kongress in Berlin erklärte Peter Martin Thomas, Leiter der Sinus-Akademie, dass derzeit insbesondere zwei Milieus für Gastronomen interessant sind. Zum einen die „Adaptiv-Pragmatischen“, laut Sinus „die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft“: Konsumenten, die nicht mehr „bürgerlicher Mainstream“ sind, sondern „zielstrebig und kompromissbereit“, aber dennoch mit „starkem Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit“. Und die, wenn sie in einer fremden Stadt sind, gerne dort essen gehen, wo sie von vornherein wissen, dass es ihnen schmeckt – weil sie das Konzept schon aus der eigenen Stadt kennen. So wie Vapiano: Die Gerichte sind nicht besonders aufregend, dafür wird das essen frisch zubereitet und auf Pizza und Pasta ist Verlass. Selbst wenn man dafür anstehen muss.

8. Hipster speisen nicht zuhause

Die zweite für Gastronomen relevante Zielgruppe ist Thomas zufolge das „Expeditive Milieu“, wie der Durchschnitts-Hipster im Marktforschersprech genannt wird. Expeditive sind laut Sinus-Zuordnung „die ambitionierte kreative Avantgarde“, die gut vernetzt ist, permanent online und Lust darauf hat, Neues auszuprobieren. Dafür ist sie auch ein bisschen empfindlich: Ein Restaurant darf bloß nicht zu spießig aussehen, die Einrichtung muss möglichst individuell sein, und wehe, es läuft Mainstream-Pop zur Hintergrundbeschallung.

Weil die Zielgruppe ständig unterwegs ist, gibt sie auch viel Geld für Draußenessen aus. Und sorgt dafür, dass der Trend zum „Fast Casual“-Essen nach Deutschland schwappt: Fast Food mit frischeren (z.T. auch gesünderen) Zutaten.

9. Quinoa ist unser Gemüse

In den USA haben Ketten wie Panera Bread und Chipotle zum Erfolg von „Fast Casual“ beigetragen. Der Sandwich-und-Salat-Anbieter ist gerade von der JAB Holding übernommen worden, hinter der die deutsche Unternehmerfamilie Reimann steht (u.a.  Reckitt Benckiser, Coty, Jacobs Douwe Egberts). Mit seinen frisch zubereiteten Burritos galt Chipotle lange als McDonald’s-Nemesis. Seitdem 2015 zahlreiche Kunden nach dem Essen in den Grill-Restaurants erkrankten, kämpft das Unternehmen aber mit Image-Problemen (vor allem, nachdem jetzt ein neuer Fall bekannt wurde). Seinen Zenith scheint „Fast Casual“ in den USA langsam erreicht zu haben.

In Deutschland sieht das anders aus. Mit gesünderem Essen hat sich zum Beispiel der 2007 in München gegründete Salate-und-Wraps-Anbieter dean & david zuletzt nach vorn gearbeitet (von Platz 81 auf 73 im „food service“-Ranking) und verspricht Kunden „natürliche Zutaten ohne Geschmacksverstärker“. Und von Berlin aus wollen die Bowl-Mixer von Beets & Roots auch in andere Städte wachsen (siehe Supermarktblog).

Die steigende Zahl an Alternativen dürfte auch die Supermärkte bald dazu zwingen, verstärkt gesündere Alternativen für Nicht-Bauarbeiter anzubieten, um Sofortesser nicht mehr direkt ins Verdauungskoma zu schicken. (Rewe ist derzeit allerdings eher in der entgegengesetzten Richtung unterwegs.)

10. Wer nicht liefert, ist geliefert

Auch für Draußenessenanbieter sind die Herausforderungen aber keine kleinen. Ähnlich wie die Handelsketten wird der zunehmende E-Commerce zum Umsatzrisiko: Weil Kunden, die online einkaufen, sich nicht mehr draußen hungrig shoppen. Und ihr Essen im Zweifel bei einem der zahlreichen Lieferdienstangebote bestellen, die sich weltweit als Standard etablieren und Draußenessen nach drinnen holen.

In Deutschland kämpfen u.a. Lieferando, Deliveroo und Delivery Hero (dazu gehören: Foodora, Pizza.de, Lieferheld) um die Vormachtstellung. Anderswo mischen längst Konkurrenten aus anderen Feldern mit: z.B. Uber Eats und Amazon in den USA. Systemgastronomen, die auf den Plattformen nicht vertreten sind, riskieren, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Deshalb verbünden sich selbst langjährige Lieferverweigerer wie McDonald’s mit Lieferdiensten, um die Kunden daheim zu erreichen.

Oder machen’s gleich selbst, wie Burger King.

11. App-Besteller gehen trotzdem weiter essen

Das hat womöglich auch Konsequenzen für Supermärkte. Bisher wird angenommen, die Lieferdienste würden vor allem den Umsätzen der klassischen Gastronomie schaden – weil die Leute seltener rausgehen zum Essen. Konkrete Belege gibt es dafür bislang kaum. Mit einer selbst entwickelten Technik hat die amerikanische Agentur Sense360 deshalb über ein Jahr analysiert, wie sich das Verhalten von Smartphone-Besitzern ändert, nachdem sie die App eines bekannten Lieferdiensts installiert haben. (Die Daten kommen aus einem Panel mit 2 Millionen Nutzern, die sich anonymisiert tracken lassen.)

Das Ergebnis ist überraschend: 360Sense registriert, dass die Leute auch nach der Installation weiter Draußenessen gehen – zunächst sogar genauso oft wie vorher. Nutzer der Liefer-Apps hätten darüber hinaus sogar eine überdurchschnittlich hohe Affinität zu Besuchen in Restaurants mit klassischer Bedienung („Fine Dining“) und bei Fast-Casual-Konzepten. Die Autoren weisen in ihrer Studie aber auch darauf hin, dass es viele andere Faktoren gibt, die für diese Nutzungsmuster verantwortlich sein können (Wohnort, persönliche Vorlieben, Sozioökonomik).

12. Wer muss noch in den Supermarkt?

Möglich ist aber, dass das per App georderte Lieferessen von den Bestellern gar nicht als Ersatz fürs Draußenessen mit Freunden (als Teil der sozialen Interaktion) gesehen wird – sondern als Alternative zu anderen Mahlzeiten. Zum Beispiel denen, die sich Kunden bislang aus dem Supermarkt besorgen. Egal ob sie später selbst kochen oder bloß noch aufwärmen.

Sense360-Gründer Eli Portnoy sagt auf Anfrage, dass dazu noch keine Auswertung vorliege, man aber überlege, die langfristigen Auswirkungen der Liefer-App-Nutzung auf Supermarkt-Besuche mit zu beobachten. (Bislang liegt die Supermarkt-Besuchshäufigkeit der Liefer-App-Nutzer noch im Schnitt; lediglich Convenience Stores werden etwas seltener angesteuert.)

Es kann also gut sein, dass der gefährlichste Konkurrent der Supermärkte in Zukunft gar nicht nur Amazon heißt. Sondern auch: Deliveroo, Foodora oder Lieferando.

Titelfoto: Beets & Roots, Fotos: Supermarktblog"


Mehr zur Konkurrenz (bzw. Verschmelzung) von Handel und Gastronomie steht künftig auch an dieser Stelle. Gleich weiterlesen? Bitteschön:

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Was Supermärkte (und Sofortessen-Anbieter) vom Snack-Pionier Pret A Manger lernen können

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Wenn jemandem bei McDonald’s morgen einfiele, dass sich die Idee mit den Burgern so langsam überholt hätte; wenn Pizza Hut ankündigen würde, künftig weniger Teigfladen belegen zu wollen; und wenn Starbucks ein plötzliches Desinteresse an überteuertem Kaffee entwicklen würde – die Welt des schnellen Sofortverzehrs wäre aus ihren Fugen gehoben. Ähnlich wie die Leute, die dafür verantwortlich wären, wenig später aus ihren Jobs.

Clive Schlee hat seinen noch. Seit 2003 schon. Obwohl er im vergangenen Jahr gleich mehrfach öffentlich seine Loyalität zum Brot in Frage gestellt hat. Was für den CEO einer Kette, die ihren Erfolg dem Verkauf von belegten Sandwiches verdankt, einer Ungeheuerlichkeit gleichkommt.

Die Kette heißt Pret A Manger, öffnete ihren ersten Laden vor 31 Jahren in der Londoner Victoria Street und hat frühzeitig den Trend zu besserem Fast Food vorhergesehen: Snacks, die an Ort und Stelle mit frischen Zutaten ohne Geschmacksverstärker zubereitet werden – anstatt einmal aus der Produktion durchs ganze Land gekarrt, um tagelang im Supermarktregal zu vertrocknen, bis sich ein leichtsinniger Sofortesser ihrer erbarmt.

Pret verspricht:

„Freshly prepared, good natural Food“

(Und einen guten Kaffee dazu.) Auf den Verpackungen steht: „made today, gone today“. Das heißt: Alle Snacks werden am selben Tag in einer nahe gelegenen Küche hergestellt. Was nicht am selben Tag verkauft wird, geht an Hilfsorganisationen. Und morgen wieder genau so.

Die Ausbreitung von Pret A Manger war der Beweis dafür, dass der Markt für Sofortessen nicht zwangsläufig von amerikanischen Franchise-Ketten dominiert werden muss, sondern dass daneben Platz ist für Alternativen. Selbst wenn die einen merkwürdigen französischen Namen haben. Und sich damit auch noch ins Mutterland des Fast Foods trauen, die USA – wo Pret inzwischen auf überschaubare 74 Läden kommt.

(Weitere gibt’s in Frankreich, Hongkong, China und Dubai.) Seit 2008 gehört das Unternehmen – an dem auch McDonald’s mal beteiligt war – zur Hälfte dem Investor Bridgepoint.

Während sich etablierte Fast-Food-Anbieter mit Konzeptanpassungen oftmals schwer tun, kommt einem die Transformation bei „Pret“ fast mühelos vor. Vielleicht haben die Briten auch bloß Glück, nicht mal dann einen Aufschrei zu provozieren, wenn sie sich langsam aber sicher von ihrem signature snack verabschieden – dem Snack, mit dem sie groß geworden sind.

„Ich mag das Sprichwort: ‚Wenn du der Gleiche bleiben willst, musst du dich ständig verändern“, hat Clive Schlee im vergangenen Jahr in seinem Blog verraten, in dem er sich direkt an die Kunden wendet, um Neues in den Filialen anzukündigen oder sie um Feedback zu bitten. (Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, Leuten auf Twitter zu antworten, die ein misslungenes Sandwich gekauft haben.)

„Vor zehn Jahren waren Sandwiches für fast 30 Prozent unserer Umsätze verantwortlich – 2016 werden es weniger als 10 Prozent sein“,

erklärte der CEO. Und bestätigte in einem Interview mit „Fortune“ kürzlich, in Zukunft noch weniger Snacks zwischen zwei Brotscheiben einklemmen zu wollen: Pret gehe „away from bread-based products“ – weg vom Brot.

Den vollen Regalen sieht man das in vielen Läden zwar noch nicht an.

Aber den Umsätzen scheint der Wechsel nicht zu schaden. Im Gegenteil: Dieses Frühjahr meldete Pret A Manger eine Umsatzsteigerung um 15 Prozent auf 776 Millionen britische Pfund. Die neuen Snacks in den Regalen sind immer öfter: Joghurts, Suppen, Salate – und seit einem Jahr zunehmend vegetarisch.

Anfang Juni 2016 eröffnete Schlees Team im Londoner Stadtteil Soho den ersten „Veggie Pret“ – eine Filiale, in der es ausschließlich fleischfreie Produkte zu kaufen gibt.

Der Test war ursprünglich nur auf einen Monat angelegt. Aber schon nach kurzer Zeit war klar, dass die Idee bei vielen Kunden einen Nerv getroffen hatte. Aus einem Monat wurden zwei, dann drei. Schließlich gab Schlee per Blogpost bekannt:

„Veggie Pret is here to stay“

Der ganz in grün getunkte Laden ist seitdem dauerhaft geöffnet. Und wie am ersten Tag: ein Hit. Im April eröffnete eine weitere Pret-A-Manger-Filiale als „Veggie Pret“ neu, diesmal im Stadtteil Shoreditch.

Wenn die deutschen Supermärkte und Sofortessen-Anbieter schlau sind, schauen sie sich ein bisschen was von der Taktik der Briten ab, um neue Kunden zu gewinnen.


1. Schnell experimentieren, schnell lernen

Natürlich kann man als Unternehmen aufwändige Datensammelaktionen starten, um Kunden möglichst viele Details aus ihren Bonuskarten und Smartphones herauszuleiern und die dann monatelang auszuwerten. Oder man schaut sich einfach die Informationen an, die eh schon in den eigenen Kassen schlummern.

Pret A Manger hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden und ermittelt, in welchem Stadtteil Londons die Kunden in regulären Pret-Läden am häufigsten fleischfreie Produkte kaufen. Damit war automatisch der Standort für den zweiten Veggie Pret in der Great Eastern Street gefunden, erklärt Schlee – „based on the high levels of vegetarian sales in the area“. Manchmal kann Big Data so einfach sein.

Keine drei Monate später hat Pret den nächsten Test gestartet und vor wenigen Wochen in über 90 britischen Filialen „veggie fridges“ eingeführt: Kühltheken mit grünem Rahmen, in denen ausschließlich vegetarische Snacks zu finden sind, ohne dass Kunden zwischen den übrigen Produkten danach suchen müssen.

(Bislang waren Veggie-Snacks in der Regel nur mit einem kleinen grünen V auf dem Preisschild gekennzeichnet.)

„Wenn ihr das mögt, lassen wir die Theken den Sommer über stehen“, hat Schlee versprochen. Und gleichzeitig erklärt, warum die Initiative auch mit Risiken verbunden ist. Weil niemand abschätzen kann, ob Fleischesser sich von den „veggie fridgges“ abgeschreckt fühlen – und dann womöglich weniger Snacks gekauft werden, die in separate Schränke wegsortiert sind. (Oder halt das genaue Gegenteil passiert.)

Aber selbst wenn die Grühlschränke nicht so erfolgreich sind, wie das Pret-Management hofft, hat die Aktion einen Vorteil: Filialen, in denen die Verkäufe der fleischfreien Snacks stark ansteigen, empfehlen sich direkt als neuer Veggie-Pret-Standort.

Die Pret-A-Manger-Strategie ist simpel, aber effektiv: Tests werden konsequent umgesetzt, auch wenn sie Risiken beinhalten; Ergebnisse werden anschließend schnell ausgewertet, um Schlüsse daraus zu ziehen und sofort den nächsten Test zu starten. Anders als im deutschen Lebensmittelhandel, der mit gastronomischen Angeboten immer erst ganz groß scheitern muss – um dann wieder ganz von vorne anzufangen.

Nicht wahr, „Made by Rewe“„Oh Angie“„Deli am Markt“?

2. Clever kommunizieren

Vor allem kommuniziert Pret A Manger offen gegenüber seinen Kunden – ohne die Angst, die Konkurrenz könnte sich was von neuen Initiativen abgucken. (Macht sie ja eh, wenn die erfolgreich sind.) Das trägt entscheidend zur Glaubwürdigkeit bei, die für Pret von Anfang an ein wichtiger Punkt gewesen ist.

Es hilft auch nichts, ein rotes Logo auf grün zu ziehen, weil im Sortiment plötzlich zwei Salate mehr auftauchen – so wie es McDonalds’ vor einigen Jahren in vielen Ländern getan hat, um dem Vorwurf gegenzusteuern, der Burgerriese trage übermäßig zur Verfettung der Gesellschaft bei.

Dass Pret seine Veggie-Filialen komplett in grün tunkt, passt dagegen gut: Weil das Sortiment ja tatsächlich ausschließlich pflanzenbasiert ist.

Die eigentliche Kunst besteht aber darin, jene Kunden nicht zu vergraulen, die eigentlich ganz gerne weiter Hühnchen in ihrem Mittagssalat aus dem Laden tragen würden und sich an den Schinken auf ihrem Sandwich freuen. Die komplette Pret-Kommunikation ist darauf ausgelegt, Fleischesser einzubeziehen, indem sie betont, dass die neuen pflanzenbasierten Snacks als Ergänzung zum bisherigen Angebot auch für sie gemacht sind:

„Not just für Veggies“

(Das geht auch gar nicht anders: Aus der Marktforschung weiß Pret z.B., dass 52 Prozent der Veggie-Pret-Kunden sonst sehr wohl Fleisch essen, aber ihren Fleischkonsum einschränken wollen.)

Dass mit Clive Schlee der CEO des Unternehmens selbst diese Änderungen kommuniziert und erklärt, ist dabei sicher kein Nachteil.

Aber klar: Wenn man sich als Supermarkt erst einmal daran gewöhnt hat, anonyme Pressemitteilungen mit Marketing-Geschwurbel rauszufeuern, und ein paar harmlosen Food-Bloggern mit ihrer Rezeptvermelderei den Rest der Kommunikation zu überlassen, lässt das der Chefetage natürlich deutlich mehr Freiraum, um wichtigtuerische Branchen-Interviews zu geben.

3. Kein Snack ist für die Ewigkeit

45 neue Produkte auf einen Streich hat Pret A Manger anlässlich der Eröffnung der zweiten Veggie-Filiale in London vor ein paar Wochen ins Regal geholt. Nein, das ist kein Schreibfehler. Sondern bloß die konsequente Umsetzung der Erkenntnis, dass man so viele Läden an der richtigen Stelle aufmachen kann, wie man will – aber am Ende auch ein passendes Angebot dafür braucht. Um Snacks anzubieten, die sonst niemand hat. Und Kunden, die bislang überhaupt nicht an Fleischverzicht gedacht haben, mit leckeren Zutaten und ungewöhnlichen Rezepten zu locken.

(Nein, liebe Discounter, damit ist nicht die hundertste Kartoffelsalatvariante im Mayomeer gemeint.)

Pret versucht’s zum Beispiel mit: Gemüse-Maccaroni („Mac and Greens“), getoasteten Banane-Blaubeer-Mandelbutter-Wraps, Smoothie-Frühstücks-Bowls, Boxen mit Süßkartoffel-Falafel und Gemüse sowie scharfen Joghurts mit Edamame und Spinat. Die Beststeller kommen auch in die regulären Filialen; andere Neusnacks gibt’s vorerst exklusiv in den Veggie-Läden. Das sorgt dafür, dass neugierige Kunden wiederkommen. Und hält gleichzeitig das Risiko für Flops gering.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Sortiments, im Zweifel auch auf Kosten etablierter Klassiker wie Sandwiches, hat dazu geführt, dass Pret 2016 rund 18 Prozent seines Umsatzes mit Produkten machte, die im selben Jahr zum ersten Mal ins Regal kamen.

4. Snacks für jede Tageszeit

Der Draußenesser lebt nicht vom Lunch allein, manchmal muss auch ein Draußenfrühstück sein: Deutsche Bäckerkunden wissen das schon lange und setzen diese Erkenntnis konsequent um (siehe Supermarktblog). Pret A Manger hat festgestellt, wie sich die Verkäufe seiner Snacks mit der Zeit verschoben haben: 59 Prozent der Umsätze werden gar nicht mehr zur Mittagszeit gemacht, auf die über viele Jahre das komplette Angebot ausgerichtet wurde.

Inzwischen gibt es deshalb Kokosnuss-Porridge und Frühstücks-Brioches für Kunden, die morgens unverfrühstückt das Haus verlassen haben; und wer will, kriegt auch schon vor der Lunch Hour ein glutenfreies Süppchen.

Das heißt nicht, dass frühstücksgeeignete Snacks mittags aus dem Angebot fliegen müssen. (McDonald’s hat im vergangenen Jahr massiv zulegen können, nachdem in den USA das Frühstücksangebot den kompletten Tag über verfügbar gemacht wurde.) Es bedeutet aber, dass Sofortessen-Anbieter und Supermärkte Snacks für jede Tageszeit parat haben sollten, um sich nicht unnötig einzuschränken.


Nach Köln, Berlin oder München hat sich Pret A Manger bislang nicht getraut – womöglich auch, weil die Sandwich-Kultur hierzulande eher eine Semmel-und-Schrippen-Kultur ist, die von unzähligen Bäckern und Backketten bedient wird (siehe Supermarktblog). Das dürfte vorerst auch so bleiben.

Dennoch gibt es zahlreiche Anbieter, die das Pret-Prinzip begriffen haben und (langsam) in deutsche Städte transportieren.

Prets deutsche Snack-Verwandtschaft:

Dean & David schmückt sich mit dem Motto „Fresh to eat“ und verspricht „natürliche Zutaten“, „100% frisch mit Liebe handgemacht“. An großen deutschen Bahnhöfen bietet das Franchise-System Scoom frische Sandwiches und Salate für Eilige zum Direktmitnehmen. Und der Supermarkt-Belieferer Natsu hat sich vom Sushi-Spezialisten zum Universal-Auskenner für frische Snacks gewandelt und produziert z.B. für Rewes „To Go“-Produktsortiment (siehe Supermarktblog) Sandwiches und Salate.

Den größten Umsatzschub haben in den vergangenen Jahren allerdings die ehemaligen Discount-Backketten Backwerk und Back Factory erfahren, die intensiv daran arbeiten, zu Snack-Ketten mit ansehnlichem Sortiment und schicken Läden zu werden (siehe dazu auch Supermarktblog).

Die Supermärkte sehen da noch weitgehend tatenlos zu. Und lassen sich einen Markt entgehen, der in Zukunft immer wichtiger werden könnte, um mobile und junge Kunden zu erreichen. Genug abzuschauen gibt es bei Pret A Manger auch jetzt schon. Und sei es nur: einen munter bloggenden Geschäftsführer.

Fotos: Supermarktblog"

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Für eilige Direktverzehrer: Kaufland macht sich mit eigener Snack-Etage in Berlin-Mitte breit

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Am Donnerstagmorgen sind Netto (ohne Hund), dm, Rossmann, Rewe, Galeria Kaufhof und diverse Snack-Bäcker rund um den Alexanderplatz in Berlin-Mitte mit einem kollektiven Alptraum aufgewacht, von dem sie kurz danach feststellen mussten, dass er wahr geworden ist: In der Nachbarschaft hat Kaufland aufgemacht. Direkt gegenüber vom Fernsehturm, auf zwei Etagen, mit allem, was man als Tourist, Anwohner, Mittagspäusler, Pendler so gebrauchen kann.

Das ehemalige Berlin-Carrée in der Karl-Liebknecht-Straße hat dem neuen Mieter nicht nur sein früheres Markthallenkonzept, sondern auch seinen Lichthof geopfert. Damit Kaufland die 4.000 Quadratmeter Platz kriegt, die das SB-Warenhaus für die Umsetzung seines Konzepts mindestens braucht.

Eine Standardfiliale ist’s trotzdem nicht geworden, sondern der durchaus gelungene Beweis, dass Riesensupermärkte auch mitten in die Stadt passen, wenn sie klug geplant sind.

Dafür hat sich der neue Nachbar reichlich Zeit gelassen. Über zwei Jahre zierten „Kaufland kommt“-Schilder die Baustelle (siehe Supermarktblog), Kaufland kam aber gar nicht.

Die massive Verzögerung sei „Optimierungen im Raumkonzept“ geschuldet, hat die „Berliner Woche“ in der Neckarsulmer Zentrale erfragt. Rausgekommen ist ein zweiteiliger Supermarkt mit einer Etage für den Kompletteinkauf und einem Snackgeschoss, das Kunden, die nicht viel Zeit, aber umso mehr Hunger mitbringen, den Weg zur Kasse besonders leicht macht. Und die Sofortessen-Konkurrenz außenrum empfindlich stören könnte.

Für seine kurzen Wege ist Kaufland bislang gewiss nicht bekannt, im Gegenteil: Vielerorts müssen sich Kunden schon genau einprägen, wo sie eine Abkürzung durch den Regalwald nehmen können, wenn sie nur ein paar kurze Besorgungen machen wollen. Auf zwei Etagen fühlt sich der Großflächen-Discounter dagegen auch in anderen Städten schon wohl. Die Besonderheit in Berlin-Mitte ist vor allem die konsequente Ausrichtung des Erdgeschoss-Sortiments auf eilige Kundschaft.

Direkt am Eingang wartet eine stattliche To-Go-Abteilung vor dem Obst und Gemüse: mit üppiger Salatauswahl, belegten Sandwiches, Kaltess- und Warmmach-Snacks aller Art, Bio-Linsen-Curry-Suppe, Bulgursalat, Hähnchen-Filetstücke.

Dahinter werden Kunden direkt an den hufeisenförmigen Brötchenknast geführt, der es locker mit seinen Verwandten auf der grünen Wiese aufnehmen kann.

Und zwar nicht nur was die Brotpolonaise angeht (siehe Fotogalerie oben).

Sondern auch, weil zwischen Brötchen, Laugenstangen und Teilchen einige Zellen für „Hot Snacks“ reserviert sind: Böreks mit Spinatauslauf, Pizza(imitat) Salami, käseweiße Brötchen mit Tomate-Mozzarella oder Pulled Pork im Pappmäntelchen – die Handschrift der Schöpfer von Lidls Brötchenknastsnacks (siehe Supermarktblog) ist unverkennbar.

Platz für die „Sushi Circle“-Theke war da zwar nicht mehr, deshalb sind die freundlichen Fischroller eine Etage höher zu den Bedientheken gezogen. Damit aber auch Snacker, die dort gar nicht erst hinkommen, einen Haufen Geld für ein Algengedeck ausgeben können, gibt es eine Best-of-Probiertheke im Untergeschoss.

Auch in Sachen Getränke hat Kaufland in seinem Snacktopia nicht gespart – und den Berlinern eine reichhaltige Auswahl an Wegbieren kaltgestellt. Weil im selben Komplex nebenan die Berliner Craft-Beer-Brauerei Lemke wohnt, drängte sich eine Kooperation vermutlich geradezu auf.

Deswegen gibt’s vor den Kassen auch ein wohlgekühltes West-Coast-IPA, ein schönes American Pale Ale und ein kräftiges Imperial Stout, nach dessen Genuss man sich (bei einem Alkoholgehalt von 11%) aber keine allzu ausführlichen Vorratseinkäufe mehr vornehmen sollte.

Wer alles für den Direktkonsum beisammen hat, eilt zwei Meter weiter zur Kasse (SB oder klassisch mit Scan-Unterstützung) – und verpasst halt das Obergeschoss, mit dem Kaufland den umliegenden Supermärkten und Drogeriemärkten endgültig den Kampf ansagt.

Per Rollsteige geht’s in Richtung Wocheneinkauf, und schon auf dem Weg dorthin präsentiert sich der Alex-Kaufland stolz in seinem neuen Design, auf das die ersten Märkte bereits im vergangenen Jahr umgestellt wurden (siehe Supermarktblog) und das den Sortimenten knallbunte Farben samt Piktogrammen zuordnet, die Kaufland „selbsterklärend“ findet.

(Selbsterklären Sie bitte mal kurz das hier: Für Obelixe?)

Wer sich erst oben für den „schnellen Einkauf“ entscheidet, kriegt mit freundlichem Hinweis einen Einkaufskorb zugeschoben.

Fleisch, Wurst und Käse gibt’s in Bedienung, und daneben schließt sich Kaufland (wie gesagt) dem allgemeinen Supermarktrend zur separaten Sushi-Theke an, an der man zusehen kann, wie das, was vorne in die Auslage kommt, vorher frisch ins Plastikschälchen kommt.

Vegane und glutenfreie Produkte haben ein eigenes Regal reserviert bekommen.

Und um die Ecke führen breite Gänge durch die Drogerieabteilung, mit der sich Kaufland – auch preislich – als Alternative zu den diversen (überlaufenen) Drogeriemärkten in der Umgebung positioniert.

Anders formuliert: Mit der Neueröffnung tritt der Großflächen-Discounter so ziemlich allen Handelsnachbarn in der Umgebung auf die Füße – und kommuniziert das auch maximal unbescheiden. Um die neue Filiale herum wirbt Kaufland mit dem Versprechen:

„Frisch am Alex“

Im Laden steht außerdem: „Wenn wir frisch sagen, meinen wir auch frisch.“ Worüber sich angesichts des ganzen Aufbacktheaters und der umfassend plastikverschalten Industriesnacks bei einem Käffchen aus dem Kaffeeautomaten am Eingang vortrefflich streiten ließe.

Hilft aber erstmal nix: Sogar die direkt vor dem Laden vorbeisausende BVG-Tram hat Kaufland als riesige Flitzgurke bekleben lassen, um seine Werbebotschaft unterzubringen.

Dazu gehört auch der seit kurzem in der Wochenbeilage verwendete Spruch „Gute Woche“, der das vom Absender zugesagte „Einkaufserlebnis“ offensichtlich auf den Punkt bringen soll. Also, außer natürlich für Netto (ohne Hund), dm, Rossmann, Rewe, Galeria Kaufhof und diverse Snack-Bäcker rund um den Alexanderplatz in Berlin-Mitte.

Fotos: Supermarktblog"

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Penny lädt zum Papp-Buffet, Rewe snackt smileyfrei, Lidls Keks-Fehde mit Leibniz

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Ganze 2150 Taufen

in nur elf Monaten – als Discounterpastor käme man damit vermutlich ins Guinness-Buch der Schnarchrekorde. Penny möchte mit seiner Nachbarschaftskampagne aber noch viel lieber in den Herzen seiner Kunden landen (um von dort aus mit deren Haushaltsbudgets anzubandeln). Im Herbst des vergangenen Jahres rief die Kette deshalb die Kundschaft dazu auf, “ihren” Penny per Namenszusatz persönlicher zu gestalten. (Hier das ganze Drama zum Nachlesen.)

Inzwischen haben “nahezu alle” Läden ihre neuen Schilder bekommen. Und weil die Vorschlagsauswahl sorgsam begrenzt war, ist es auch keine große Überraschung, dass die meisten Pennys einfach so heißen wie der Ort, an dem sie sich befinden: Penny Schnarchstraße, Penny Schnarchplatz, Penny am Schnarch.

Ein paar schöne Ausnahmen: Bei mir in Berlin gibt’s einen “Penny Dreiländereck” um die Ecke (weil der an der Grenze zwischen drei Stadtbezirken liegt), in Köln einen “Penny Kwartier Latäng”, in Wilhelmshaven einen “Penny Am Meer”, in Halle einen “Penny Frohe Zukunft” (nach der örtlichen Wohnungsgenossenschaft) usw. (Weitere Ausnahmen hat Supermarktblog-Leser Johannes auf Facebook herausgesucht.)

Dass in den Läden jetzt auch Schwarze Bretter angebohrt werden, auf denen sich verlorene Schnuffeltücher annoncieren, Flötenunterrichtsstunden anbieten und gebrauchte Gehhilfen verkaufen lassen, ist ein netter Service (der außerhalb des Discounts längst selbstverständlich ist); dass Penny außerdem als “Viertelausweis” getarnte Rabattkärtchen vollstempelt, womöglich etwas zuviel des Guten Gutgemeinten.

Mit vollen Händen kann die Kette das Geld für ihre Initiative freilich auch nicht aus der Kasse schleudern. Die Einladung der umworbenen Nachbarn zum Essen ist deshalb eher bescheiden ausgefallen, wie Supermarktblog-Leser Felix S. in einer Lübecker Filiale entdeckt hat:

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Das auf einem Pappaufsteller zur Verkostung hindrapierte Eigenmarken-Mini-Buffet hinterlässt jedenfalls eher einen traurigen Eindruck, wenn vorher schon das halbe Viertel drüber hergefallen ist. Aber bedienen Sie sich ruhig bei den kostenlosen Servietten!

Danke an Felix S. für das Foto!


Nur 5 Jahre

hat Rewe für die Erkenntnis gebraucht, dass es keine schlechte Idee ist, Fertigessen im Laden unter dem eigenen wohlklingenden Namen anzubieten. Erst recht, wenn sich dafür einer anbietet, der schon über zahlreichen Mini-Supermärkten in Innenstädten, an Bahnhöfen und Tankstellen herumhängt. “Fertig ist das neue Frisch”, wirbt Rewe für seine neuen “Rewe to go”-Mitnehm-Snacks: Sandwiches, Müslis, Salate, Microwellen-Aufwärmmahlzeiten, das ganze Programm (das die Discountschwester Penny schon vorgemacht hat).

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Und was das Zeug alles kann! “Gesund” soll es sein, “lecker komponiert” und “so schmecken wie selbstgemacht”. (Von kalorienarm hat keiner was gesagt, also wenden Sie Ihren Blick gefälligst ab von der Nährwerttabelle.)

In jedem Fall ist die Erweiterung des Sofortessen-Angebots ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn manche Artikel bloß neu verpackt wurden. Nur die Sache mit der Wiedererkennbarkeit üben wir nochmal.

rewetogoneu01Anstatt das Logo der Minimärkte auch für die Verpackungen der Snacks zu verwenden, hat sich Rewe  nämlichein zweites ausgedacht: eine, ähm, weiße Niere mit rotem Rewe-Schriftzug und kleingeschriebenem “to go” in dünner schwarzer Schrift … mit drei Punkten dahinter. Damit auch niemand glaubt, dass die auf Snacks spezialisierten Märkte und das gleichnamige Sofortfutter irgendwie zusammenpassen könnten.

Dabei ist das ursprüngliche “to go”-Logo mit dem grünen Smiley-Lachen unter dem “go” doch hervorragend eingeschlagen! Zumindest im Ausland, wo es von der begeisterten Konkurrenz für die eigene Snack-Theke kopiert wird (zum Vergleichen draufklicken):

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In Sachen Eigenmarken-Rätselhaftigkeit liegt aktuell allerdings Konkurrent Kaufland in Führung. Fast der komplette Discount hat sich in den vergangenen Monaten am Wettbewerb um den dämlichsten Namen für neu eingeführte Veggie-Produkte beworben. Lange sah es so aus, als läge Aldi Nord mit “Mein Veggie Tag” knapp vor Lidl mit “My Best Veggie” in Führung. Nun ist Kaufland aber mühelos an beiden vorbeigezogen. Mit der (nicht mehr ganz so) neuen Marke “K – take it veggie (cause you care)”.

Deren Produkte Sie, je nach Filiale, im Fertigtütensalat-Regal beim Obst und Gemüse oder bei den Fertignudeln in der Kühlung am anderen Ladenende finden. Viel Spaß beim Suchen!

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Nach 8 Wochen

Schwarzweißwerben auf Plakatwänden und in Handzetteln ist inzwischen klar, wie wir Lidls große Vergleichskampagne zu deuten haben, in der ein Eigenmarkenprodukt gleichwertig neben dem klassischen Marken-Original abgebildet ist (siehe Supermarktblog). “Sie haben die Wahl”, steht drüber – und das ließ sich dergestalt missverstehen, dass Lidl seinen Kunden die Wahl lassen würde, welches der Produkte ihnen lieber sei.

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In der Radiovariante ist die Ansage sehr viel deutlicher.

Jemand beißt beherzt in einen Keks und eine freundliche Herrenstimme verrät dazu: “Ein Leibniz-Butterkeks.” Anschließend beißt jemand noch einmal beherzt in einen Keks und die Stimme sagt: “Ein Lidl-Butterkeks.”

“Du sagst, das hört sich gleich an? Wir sagen: Dann hör erstmal unsere Preise: 99 Cent für 200 Gramm Leibniz Butterkeks. Oder 99 Cent für die doppelte Menge Lidl Butterkeks. Beides bei Lidl. Mit 100 Prozent Zufriedenheitsgarantie. Sonst gibt’s das Geld zurück. Lidl lohnt sich.”

Auch andere Marken müssen sich den direkten Radio-Preisvergleich gefallen lassen. Aber Leibniz gehört zu denen, die Hauptkonkurrent Aldi im vergangenen Jahr neu in sein Sortiment aufgenommen hat. Sagen wir mal so: Lidl scheint das nicht so gut gefallen zu haben.

Fotos: Supermarktblog

5 bemerkenswerte Details zum kassenlosen Supermarkt Amazon Go

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Amazon hat angekündigt, nächstes Jahr den Traum so ziemlich jedes Supermarkt-Kunden wahr werden zu lassen: einen Laden, in dem man einkaufen kann, ohne jemals anstehen zu müssen. Weil es dort keine Kassen mehr gibt.

In einem Video checken gut gelaunte Großstädter mit ihrem Smartphone im “Amazon Go”-Markt in Seattle ein, packen einen Salat oder ein Sandwich in ihre Tasche – und gehen einfach wieder raus. Der Konzern verspricht, dass eine selbst entwickelte Technologie die Produkte automatisch erkennt und den Gesamtbetrag beim Verlassen des Ladens vom Konto abbucht. Details sind bislang nicht bekannt. Deswegen lohnt sich’s, genauer hinzusehen:

1. Die neuen Kassen sind Registrierschleusen

Damit der Amazon-Algorithmus die aus den Regalen gegriffenen Artikel tatsächlich dem Kunden zuordnen kann, der sie später verspeist, checken Go-Nutzer mit einem persönlichen QR-Code ein, der sich per App abrufen lässt. (Das wäre dann die gefühlt vierzigste, die Amazon für seine zahlreichen Dienste zur Verfügung stellt.)

Der Scanner ist in einer weißen Registrierschleuse integriert, die es nicht bis zur Flughafenkarriere gebracht hat (Foto oben). Die Schleusen sind beidseitig passierbar, sowohl Eingang als auch Ausgang und verzichten scheinbar auf separate Flügel, die sich nochmal öffnen müssen. Zumindest ist das im Video nicht erkennbar.

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Vermutlich stellt der Algorithmus Kunden, die vergessen, ihren elektronischen Passierschein vorzuzeigen, im Laden dann öffentlich per Lautsprecher zur Rede, um den Check-In nachholen zu lassen. Ein sanfter Stromschlag am Regal täte es freilich auch.

2. Der Computer weiß, welchen Pudding du letzten Sommer gefuttert hast

amazongo10Daran, dass im Supermarkt überall Kameras hängen, haben wir uns gewöhnt und geben uns größte Mühe, beim Einkaufen immer wie aus dem Ei gepellt auszusehen. (Mindestens mit einer frisch gebügelten Jogginghose.) Amazon Go dürfte noch ein paar Kameras mehr aufhängen – und einen Schwung Sensoren zur Party dazu einladen. Damit die zusammen protokollieren können, was wir aus den Regalen grabbeln, um es auf unseren virtuellen Kassenzettel zu setzen.

Im Video sieht es so aus, als sei die entsprechende Technik in den Regalköpfen angebracht. Sie soll auch Zurückleger verstehen, die sich umentscheiden und einen Artikel wieder zurücktragen. Mal abwarten, ob sie auch mit Verteilern fertig werden, die Artikel an beliebigen Orten im Laden fallen lassen, wenn sie sich spontan gegen den Kauf entscheiden.

3. Ein neuer Snackladen ist in der Stadt!

amazongo06In der Ankündigung lässt Amazon seine gutaussehenden Kundendarsteller durch eine üppig ausgestattete Abteilung mit Sofortessen laufen, in der Aufwärm-Mahlzeiten, Salate, Sandwiches und Getränke im Kühlregal stehen. “Good Food Fast” heißt es darüber; an einer Stelle ist das Sandwich-Versprechen “made here daily” zu lesen (also die täglich frische Produktion direkt im Laden); am Eingang steht: “no-line lunch, go ahead”.

Damit träte Amazon nicht nur in Konkurrenz mit klassischen Supermärkten, sondern würde auch Snack-Ketten und Fastfood-Läden wie Pret-A-Manger in Großbritannien, Chipotle in den USA und natürlich McDonald’s Konkurrenz machen. In Deutschland wären nicht mal mehr Bäcker sicher vor den Ambitionen des Konzerns. Noch dazu ist der Name des ersten Amazon-Supermarktkonzepts ist ein vergifteter Gruß an Convenience-Konkurrenten wie Rewe to Go.

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Vorausgesetzt, der Laden im Video ist identisch mit dem echten, sortiert Amazon sein Sofortessen wohl nach Mahlzeiten, Gängen bzw. Zutaten. An einem Regal sind die Zuordnungen “Entrees” bzw. “Salads & Bowls” sowie die Zutaten-Wahlmöglickeiten “Beef”, “Chicken” und “Tofu” zu lesen. (Interessanterweise mit scheinbar fest drangepinselten Preisen.)

4. PVI – Plastikverpackungsinferno

Jede. Mahlzeit. Ist. Extra. Eingepackt. Selbst in der “Bäckerei” scheint jede Backware separat in einen Karton geschubst worden zu sein – vermutlich, weil Amazons Computer-Technologie vom Chaos in einem durchschnittlichen Lidl-Brötchenknast heillos überfordert wäre. Das hieße aber, dass das ach so fortschrittliche Amazon-Go-Konzept aus Umweltsicht hoffnungslos rückständig wäre. Und einen Haufen Plastikmüll für jeden Einzelartikel produzieren würde.

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(Das kriegen die klassischen Supermärkte freilich auch hin. Schauen Sie mal hier: das Halbe-Hähnchen-Angebot im neuen Real-Konzept “Markthalle Krefeld”.)

amazongo08Die Behältnisse, mit denen sich das Plastikverpackungsinferno aus dem Laden transportieren lässt, bessern die Ökobilanz womöglich etwas auf. An Regalen sind Fächer mit Papiertüten angebracht, und im Markt scheinen Kunden gleich mehrfach stabilere Mehrwegtaschen in Amazon-Orange aufgedrängt zu kriegen.

5. Das Preis-Rätsel

Preisetiketten lassen sich zwar erahnen, im Video sind sie aber allesamt so schön unscharf abgefilmt, dass darauf nichts zu erkennen ist. Die Frage ist: Bringt Amazon seine Preispolitik aus dem Netz auch in den Supermarkt? Und zahlt jemand, der zur Stoßzeit Mittag macht, für seinen Quinoa-Salat dann 20 Cent mehr als jemand, der später eintrudelt? Also genau das, was die klassischen Supermärkte bislang beteuern, mit ihren elektronischen Preisetiketten nicht umsetzen zu wollen, um Kunden nicht zu verärgern?

Das potenzielle Ende des Schlangestehens klingt zwar fantastisch. Aber womöglich verleitet der kassenlose Supermarkt bloß dazu, künftig weniger genau auf das zu gucken, was wir für die gewonnene Simplizität in Rechnung gestellt kriegen.


Auch darüber hinaus wirft Amazons Technik einen ganzen Haufen Fragen auf: Dürfen Kunden, wenn ihr Handy zu alt ist oder die App nicht Betriebssystem-kompatibel, künftig nicht mehr einkaufen gehen? Wird die Prime-Mitgliedschaft, die dafür ganz sicher notwendig ist, endgültig als Religion anerkannt? Hängen wir künftig in der Telefon-Hotline, wenn uns der falsche Pudding abgerechnet wurde? Und wollen wir wirklich, dass Amazon nicht nur weiß, was wir online alles anklicken, sondern auch, wo wir im Laden zu lange rumstehen, um auf ein Dessert zu schielen?

Die Supermärkte können sich derweil fragen, ob sie mit dem Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh bislang den falschen Dienst bezittert haben – und viel mehr fürchten müssen, dass ihnen der Alleshändler aus Seattle das traditionelle Ladengeschäft durcheinander wirbelt.

Angesichts vieler tausend Supermärkte und Discounter im ganzen Land: vielleicht nicht sofort. Aber mit der Kasseneliminierung demonstriert Amazon endgültig, sich nicht mehr auf den virtuellen Raum beschränken zu wollen.

Das EHI Retail Institute hat erst vor wenigen Wochen die Ergebnisse einer Kundenbefragung (PDF) veröffentlicht, in der vor allem die jüngeren Befragten angaben, sehr häufig Systeme zu nutzen, mit denen sie ihre Artikel im Supermarkt im Laden während des Einkaufs selbst scannen können, bevor sie den Endbetrag zahlen.

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94 Prozent gaben an, damit Wartezeiten an der Kasse vermeiden zu wollen; 98 Prozent erklärten, es sei ein Vorteil, den ganzen Kram später nicht nochmal aufs Kassenband packen zu müssen. Die Supermärkte können mit dem System die klassische Kassenzone entlasten.

“Trotz dieser offenbar für beide Seiten entstehenden Vorteile ist das Angebot von derzeit rund 25 Geschäften mit Self-Scanning-Systemen in Deutschland sehr übersichtlich”,

schreiben die EHI-Umfrager. Oder, anders formuliert: Das Potenzial für Amazon, etablierte Anbieter dort zu treffen, wo sie glauben, sich im stationären Geschäft nicht bewegen zu müssen, ist riesig.

Screenshots: Amazon/Youtube; Foto: Supermarktblog

Der kleine Lidl Express in Berlin-Schöneberg möchte von seiner Mama eröffnet werden

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Die grau gerahmten Fenster sind mit Plastikplanen verklebt, das Ladenlogo über der Eingangstür ist mit einer Plane verhüllt, die auch am Silvestertag nicht weggeböllert wurde. Bislang weist noch nichts darauf hin, was Lidl hier in der Berliner Goebenstraße demnächst vorhat.

Wie die “Lebensmittel Zeitung” berichtet, will der Discounter im Bezirk Schöneberg “Lidl Express” eröffnen: einen Laden, dessen Angebot sich stark auf Lebensmittel konzentrieren soll, die sofort aufgegessen oder für den baldigen Verzehr benötigt werden; und wo gleichzeitig der ganze online bestellte Rest eingesammelt werden kann. Sozusagen in einer begehbaren Lidl-Abholstation.

Die LZ hat auch schon einen Blick in den noch nicht ganz fertigen Markt werfen können.

Die Schaufenster der aussortierten Altfiliale (Street View vom Sommer 2008) sind zwar gänzlich unbeklebt, vorübergehend aber wie gesagt plastikfolienbehängt, damit die Neugierde der Passanten wohl nicht überhand nimmt. Wer durch eine Lücke im Folienvorhang schielt, sieht aber zumindest, dass der Laden ziemlich fertig ist und jederzeit die Aufbacköfen angeworfen werden könnten, in die dann prima das aufgebrezelte Snack-Allerlei reinpasst, das Lidl schon in seinen klassischen Märkten testet (siehe Supermarktblog vom November).

Gleich hinterm Ladeneingang ist Platz für frisches Obst und Gemüse, eine Reihe weiter stehen die Kühltheken parat, und die Beschriftung an den Wänden lässt erahnen, dass der Einkauf im Express-Lidl zackig gehen soll: Neben der “Tiefkühkost” wartet gleich der “Wein” und ein paar Meter daneben steht man schon an den tresenartigen Kassen, die – zumindest in deutschen Lidl-Filialen – zu den größten Neuerungen gehören dürften.

Bislang hält Lidl in seinem Stammland allen Modernisierungsanstrengungen zum Trotz eisern an seiner alten, auf Großeinkäufe ausgelegten Kassenrampe fest. Über die muss sich weiter jeder Kunde quälen, auch wenn er eigentlich nur ein paar Artikel auf dem Arm hat.

Dass das auch anders geht, zeigt der Discounter zum Beispiel in Großbritannien. Mehr dazu steht hier.

Interessant wird in Berlin-Schöneberg insbesondere die von der LZ angekündigte Abholmöglichkeit für Online-Bestellungen, über die in den Medien schon seit mehreren Wochen spekuliert wird. Lidl wäre die erste deutsche Handelskette, die das “Click & Collect”-Prinzip nicht als “Drive”-Konzept umsetzt (so wie Rewe und Real), sondern mit einer “Walk”-Lösung für Großstädte in zentraler Wohngebietslage.

Mehr dazu steht an dieser Stelle, sobald Lidl die Planen abhängt.

Fotos: Supermarktblog

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Mehr Veggie im Kühlhippo: Kaufland ergänzt seine Märkte mit „To Go“-Abteilungen

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Die Krokusse sind früh dran dieses Jahr, aber sie sprießen schon: Zumindest vor der neuen „To Go“-Miniabteilung, die sich Kaufland in eine seiner Berliner Filialen gestellt hat, die bereits ins neue Design umdekoriert wurde (Foto oben). Direkt hinterm Obst und Gemüse und vor der Gartenpflanzaktionsinsel, die den Gemüsekonserven ein paar Quadratmeter Platz abgetrotzt hat, hängt unübersehbar der Sortimentshinweis – in Kauflands neuem Piktogramme-Memory mit selbstbewusster Gradlinigkeit von einem Kaffeebecher repräsentiert.

Was insofern ein bisschen unpraktisch ist, weil’s in den beiden riesigen, nach allen vier Seiten offenen Kühlhippos darunter natürlich keinen frisch gebrühten Kaffee gibt. (Sonst wären’s ja Brühhippos.)

Nie wieder Schnitzelersatzjagd

Dafür hat Kaufland dort – endlich! – einen einheitlichen Platz gefunden für Smoothies und Säfte, Salate und Frikadellen, vegetarische und vegane Artikel, die bislang über viele Abteilungen im Markt verstreut waren und von hungrigen Mittagspäuslern deshalb in einer meist aufwändigen Schnitzeljagd (bzw. Schnitzelersatzjagd) zusammengesucht werden mussten.

In den Hippos ist außerdem deutlich mehr Platz als in den schmalen Kühltheken, die sich Fertigsalate und Veggie-Artikel bislang noch in den meisten Märkten als Anhängsel des Obst- und Gemüse-Sortiments teilen müssen.

Deshalb fällt auch die To-Go-Auswahl deutlich größer aus als bisher: Vegetarische Wurst-, Schnitzel- und Buletten-Alternativen belegen mit dem veganen Käse eine komplette Hippo-Querseite, die Salate dürfen sich daneben genauso breitmachen, und an der flurzugewandten Hippo-Front ist ein ganzer Schwung Salate, Suppen, Wraps und Sandwiches des Sofortessen-Herstellers Natsu Foods in die Truhe gehüpft, laut Regalauszeichnung sind die Artikel neu im Kaufland-Sortiment.

Auf die Frage, ob die Abteilung zum Kaufland-Standard werden soll, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens:

„Zukünftig werden nahezu alle unsere Filialen durch einen To-Go-Bereich ergänzt. Hierfür werden bereits vorhandene Artikel neu platziert. Die Umstellung hierzu erfolgt im Laufe dieses Jahres.“


Mehr zum Thema:

Fotos: Supermarktblog

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Rewes Ladendesign-Offensive: Mehr Schick, mehr Snacks – und das Ende des Vorkassenbäckers?

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Wenn sich Discounter immer öfter anstrengen, wie Supermärkte auszusehen, müssen sich Supermärkte künftig anstrengen, nicht wie Discounter auszusehen. Rewe testet seit einigen Monaten, wie das funktionieren könnte und hat zu diesem Zweck ein neues Ladendesign entwickelt, das derzeit unter anderem in Berlin und München ausprobiert wird.

„Die demografische Veränderung der Gesellschaft mit allen damit verbundenen Ausprägungen wie beispielsweise eine wachsende Zahl von Single-Haushalten oder Veralterung führen zu neuen Trends im Konsumverhalten, auf die wir als REWE wie auch der gesamte Lebensmitteleinzelhandel schnell reagieren müssen. Vor diesem Hintergrund investieren wir permanent in verschiedene Test- beziehungsweise Konzeptansätze“,

erklärt das Unternehmen auf Anfrage, verrät aber keine Details. Das Supermarktblog hat sich in drei der neu gestalteten Märkte umgesehen und stellt die wichtigsten Änderungen vor.

Teil 1: Vom Bistro-Ensemble zur Frische-Fusion

Künftigen Generationen wird vermutlich nur schwer zu beizubringen sein, dass sich Kunden im Supermarkt früher mal durch Schranken und Barrieren quetschen mussten, um eingelassen zu werden. In vielen Läden sind die Einbahnstraßen-Installationen der Vergangenheit schon heute Geschichte.

Rewe geht noch einen Schritt weiter und empfängt Besucher in neu gestalteten Märkten stattdessen mit einem Ensemble aus Snack-Theke mit Sitzecke, Salatstation und Sushi-Bar. Statt Schranken gibt’s „Dansk Burger“, Penne mit Bolognesesoße, aus der Aluschale hochgebockten Leberkäse und einen flotten Espresso danach. Bon Appetit!

Das „deli am Markt“ ist das Herzstück im Eingangsbereich der Design-Läden – und zumindest zur Mittagszeit ein absoluter Hit in der Nachbarschaft, wie hier in Berlin-Rummelsburg:

Besonders raffiniert ist die Snack-Auswahl nicht (siehe Supermarktblog); aber die Preise zwischen 1 und 3 Euro für sämtliche Gerichte fallen mehr als moderat aus – und dienen ganz klar dazu, erstmal möglichst viele Menschen in den Laden zu bringen.

Günstiger wär’s an der Imbissbude schließlich auch nicht. Und für die Sitzecke mit schlichten Tischen und gelb-/orangefarbenen Stühlen hat Rewe – je nach Laden – mächtig Platz freigeräumt.

Damit folgt die Supermarktkette (erneut) einem Prinzip, mit dem auch Ikea erfolgreich ist: Satte Kunden sind zufriedene Kunden und kommen gerne wieder. Neu ist diese Erkenntnis nicht; allerdings scheint Rewe darauf hinzuarbeiten, sie zu einem festen Bestandteil auch von mittelgroßen Supermärkten zu machen. Und ist beim Einbau des „deli“ deshalb auch erstaunlich flexibel.

Während sich das Bistro in Rummelsburg aus Platzgründen bis zu den Kassen auf der anderen Seite zieht (Foto oben), ist es im neugebauten Markt in Berlin-Niederschönhausen direkt an die Ladenfront vor den Parkplatz gesetzt worden – ähnlich wie es viele SB-Warenhäuser lange praktiziert haben. (Nur schicker.)

In der Neuen Hopfenpost um die Ecke des Münchner Hauptbahnhofs verschmilzt das „deli“ hingegen unmittelbar mit dem Markt und bietet dank eigener Quiche-Theke zugleich eine deutlich größere Snack-Auswahl, die nicht ausschließlich fleischbasiert ist.

Es sieht ganz so aus, als würde Rewe mit dieser Initiative zugleich das Aus der Vorkassenbäcker in seinen Märkten einläuten. Die gehörten – auch in vielen Rewe-Neueröffnungen – bisher zum Standard, betrieben z.B. von regionalen Bäckereiketten. In den Design-Märkten werden sie nicht mehr gebraucht.

Belegte Backwaren gibt’s – arg schlicht mit Käse beschmückt oder fingerdick Hack-bestrichen – in der „deli“-Theke, in der bisweilen ordentlich Raum für das Billigbrötchen-Bataillon reserviert ist.

Alle weiteren Backwaren fischen die Kunden sich selbst aus dem weit nach vorne geholten Brötchenknast, der – anders als bei der Discount-Konkurrenz – nicht fest an der Marktseite installiert ist, sondern aus rollbaren Brötchenknastzellen besteht, die Kunden direkt in den Laden hineinleiten und mit einer Auswahl von bis zu zwölf unterschiedlichen Backüberraschungen pro Einheit (!) auftrumpfen.

Damit kann Rewe nicht nur dem Brötchenknastkönig Lidl locker die Stirn bieten, sondern braucht auch viel weniger Platz, weil die „deli“-Mitarbeiter sich laufend auch ums Back-Eldorado kümmern. Was bei einer derart üppigen Auswahl auch dringend nötig ist, um nicht schäbig zu wirken.

(Dass in den Zellen auch Donut-Familienrationen in Plastikträgern angeboten werden, lässt allerdings vermuten, dass Teile des bisherigen Kuchensortiments lediglich vom Regal in die Knasts verlagert wurden. Und passt so gar nicht zur aktuellen Rewe-Anstrengung, als Plastikvermeider zu glänzen.)

In Berlin hat Rewe seine Baker Street übrigens „Brotmeister“ getauft; in den Bayern hört sie auf den wohlklingenden Namen „Pane Bavaria“.

Fester Bestandteil der Design-Märkte sind außerdem Salattheken, die in der Regel in der Nähe der (vom Partner Eat Happy betriebenen) Sushi-Stände rumlümmeln und durch Kühltheken mit Sofortessen der Eigenmarke „Rewe to Go“ (siehe Supermarktblog) ergänzt werden.

Wer das Sushi passiert hat, steht meist schon im zweiten Teil der Frische-Inszenierung: vor der mit den Bedientheken fusionierten Obst- und Gemüseabteilung, die von Kühlregalen mit vegetarischen Lebensmitteln und Salaten eingerahmt werden, über die Rewe den Serviervorschlag „Schnell und einfach genießen“ geschrieben hat.

Statt des bislang verwendeten Konsumbefehls „ENTDECKEN – ERLEBEN – GENIESSEN“ in großen weißen Blockbuchstaben steht an der Rückseite der Bedientheken in Rewes filigraner neuer Hausschrift jetzt wieder dran, was vorne drin ist: Fleisch, Wurst, Fisch.

Die Portionierstationen schimmern nicht zwangsläufig in edlem Schwarz (wie in Niederschönhausen), es gibt sie auch cremefarben (in Rummelsburg) bzw. mit hellblau-meeresanffinen Fliesen(in München). Immerzu sind die Bildschirme mit den Wochenangeboten allerdings wohnzimmerhaft-dekorativ in Holzregale eingerahmt.

Im Niederschönhauser Markt gibt es eine zusätzliche Besonderheit, die auf zahlreiche Rewe-Neubauten mit ähnlichem Grundriss übertragbar sein dürfte: Der Eingang in der Marktmitte führt direkt in die nach hinten versetzte Obst- und Gemüseabteilung, die sich an die riesige Frischetheke schmiegt. Alle weiteren Sortimente sind in den linken bzw. rechten Marktflügel sortiert.

Dadurch verzichtet der Markt auf einen klar vorgegebenen Kundenlauf, an den sich viele große Supermarktketten in den vergangenen Jahrzehnten bei der Gestaltung ihrer Läden geradezu sklavisch gehalten haben. Kein Mensch weiß, warum: In der Flügelvariante kauft sich’s deutlich angenehmer ein. Und niemand muss einmal die komplette Runde zurücklaufen, bloß weil er die Bananen vergessen hat.

Nur für Supereilige ist das ungewohnte Laden-Layout vermutlich weniger praktisch.

Auf die scheint Rewe aber ohnehin nicht mehr zu zielen: Wer bloß Vorräte in seinen Einkaufswagen schaufeln und dann möglichst schnell zur Kasse hechten will, kann ja genauso gut den Rewe Lieferservice nachhause bestellen. Das neue Markt-Design ist klar darauf ausgerichtet, Kunden Produkte entdecken zu lassen und ein bisschen länger da zu behalten als sie sich das eigentlich vorgenommen haben.

Wie Rewe das genau macht und wo die Schwächen des neuen Konzepts liegen, steht im nächsten Supermarktblog-Eintrag.

Fotos: Supermarktblog

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Aldi Süd oder Aldi Nord – wer hat das frischere Aufbackrezept?

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Aldi Nord und Aldi Süd mögen zwar separate Unternehmen sein, am Ende überwiegen bei Strategie, Sortimentsaufteilung und Werbung jedoch oft die Gemeinsamkeiten. Mit einer Ausnahme: Die Albrecht-Ableger verfolgen im Discount grundlegend andere Aufbackwege. Welche der Taktiken geht gut auf? Und wer muss womöglich bald andere Pläne kneten? Ein Vergleich in zwei (relativ) neu eröffneten Märkten.


Das Aldi-Süd-Rezept

Zutaten:

  • 1 unsichtbarer „Backofen“
  • 3 mannshohe Metallplatten
  • 15 Druckknöpfe
  • 10 bis 15 laufende Meter Holzverkleidung (aus dem Baumarkt)
  • 1 Kühlregal

So wird’s gemacht: Die Metallplatten schwarz lackieren, mit Riesenbrezeln dekorieren und vor den unsichtbaren „Backofen“ schrauben. Kühltheke daneben platzieren und ruhen lassen. Währenddessen Druckknöpfe einfetten. Die Holzverkleidung zurecht sägen und um das Backensemble legen, sodass sämtliche sichtbaren Ränder bedeckt sind. Aufbackware in den unsichtbaren „Backofen“ einlegen und nach Kundenknopfdruck herausklonken lassen.

So wird’s serviert: „immer frisch von früh bis spät“, lautet das sehr klein geschriebene Versprechen auf dem nagelneuen Backtresor in der schick designten Unterhachinger Aldi-Süd-Filiale bei München. Den Kunden bleibt nichts anderes übrig, als das zu glauben. Selbst überzeugen dürfen Sie sich von der verheißenen Frische erst, wenn ihnen die bestellte Backware in den dafür vorgesehenen Ausgabeschlitz geschossen wurde.

„Das Betätigen einer Taste verpflichtet zum Kauf“,

mahnt ein gleich mehrfach auf der metallenen Front angebrachter Schriftzug (dessen rechtliche Gültigkeit zumindest in Zweifel gezogen werden darf).

Die modernisierte Variante des vermeintlichen „Backofens“ mag nicht mehr ganz so trist aussehen wie ihr beiger Vorfahre. Der Inhalt bleibt mit gerade einmal 13 Aufbackprodukten aber weiter übersichtlich: Brötchen, Baguette und Ciabatta, zweimal Lauge, Croissants (mal süß, mal süßer) und die Pizza-Snacks „Margherita“ und „Classico“ werden per Knopfdruck heiß gefönt – letztere noch dazu „in praktischer Schale für Entnahme und Transport!“ Hier, bitte:

Selbige Schale, ein Papierkarton mit Plastikfoliengrundierung gegen die Durchfettung, schmälert die Händlermarge des ohnehin günstigen Snacks (zu 79 Cent) zusätzlich. Und sorgt beim Kunden, zusammen mit der Klarsichttüte, in die sie rutscht, für ein schlechtes Müllgewissen.

Maximale Auswahl scheint für Aldi Süd bei seiner Aufbackstrategie schon mal nicht im Vordergrund zu stehen, eher die (verhältnismäßig neue) Kombination des Backtresors mit der kalten Theke nebenan, in der Smoothies, Säfte, Salate, Joghurts, geschnittenes Obst, Wraps und Sandwiches darauf warten, vom eiligen Mittagspäusler zur Kasse getragen zu werden. (Ohne Knopfdruck.)

Kann natürlich auch sein, dass Aldi Süd damit bloß zu kaschieren versucht, was für eine doofe Idee das damals war, sich Maxi-Backmonster in die Läden zu stellen, aus denen dann bloß ein Mini-Sortiment verkauft werden kann.


Das Aldi-Nord-Rezept

Zutaten:

  • 2 Brötchenknastfassaden mit jeweils 4 Zellenreihen
  • 10-12 Eisenrüttler (nach Bedarf)
  • Krümelrutschen, Plastiktrenner
  • 1 Brotschneidemaschine
  • 1 geheimnisvolle Zaubertür

So wird’s gemacht: Zellen für die Füllung mit Krümelrutschen auskleiden und Plastiktrenner einsetzen. Gründlich mit den Brötchenknastfassaden vermengen und in die Filiale stellen. Brotschneidemaschine am Rand festdrücken. Hinter der geheimnisvollen Zaubertür verschwinden, um Aufbackware vorzubereiten; in die dafür vorgesehenen Zellen stopfen.

Bitte servieren: „Mein Bestes“, schreibt Aldi Nord auf eine verschnörkelte Tafel über seinen doppelten Brötchenknast, aber „Mein Meistes“ wäre auch nicht falsch gewesen. In der frisch eröffneten Brandenburger Filiale am Vorortwaldrand von Hohen-Neuendorf, die sich am Gladbecker Design orientiert (siehe Supermarktblog), backt der Discounter alles auf, was die Tiefkühlung hergibt: Franzbrötchen, Apfelecken, Käse-Zwiebel-Brötchen, Fitnessstangen, Dinkelschrippen, Chia-Brot – und simple „Bäckerbrötchen“ dürfen auch nicht mehlen fehlen. Selbst wenn die dafür verwendete Rohlinge bestenfalls beim Transport in die Filiale mal an einem Bäcker vorbeigefahren sind.

42 – zweiundvierzig! – unterschiedliche Aufbackprodukte zählt der staunende Brötchenknastgast, alleine acht Brotsorten, zwei davon in Bio-Qualität.

Das ist vielleicht doch nicht die Antwort auf alles. Aber zumindest auf die Aufbackstrategie der Discount-Schwester: Nord bringt mehr als dreimal so viele Artikel wie die Süd auf ungefähr derselben Backstrecke unter – und kriegt daneben auch noch eine Brotschneidemaschine gestellt. Konkurrent Lidl treibt inzwischen einen vergleichbar hohen Aufwand, bleibt bei der Artikelzahl aber ebenfalls hinter Aldi Nord und benötigt für seine großzügigeren Brötchenknasts deutlich mehr Platz.

Freilich hat die Nord-Lösung auch gravierende Nachteile: Zum Beispiel viel mehr (Personal-)Aufwand bei der kontinuierlichen Warenbeschüttung, im Zweifel bis in den Abend hinein, wenn die Wegwerfgefahr kurz vor Ladenschluss gefährlich ansteigt.

Mittelfristig droht Aldi Nord zudem wohl die Befreiung zusammengepferchter Croissants durch engagierte Backtivisten. Von artgerechter Gebäckhaltung lässt sich in vielen Zellen aktuell jedenfalls kaum sprechen:


Fazit: Wer backt besser?

Auswahl oder Aufbacksimulation – was trifft den Geschmack der Discountkunden besser? Keine Frage: Das hölzern ummantelte Snack-Ensemble in den Süd-Märkten fügt sich hervorragend ins aufgemöbelte Ladendesign ein und sieht schick aus.

Aber wenn man sich von den Familienpartys leiten lässt, die sich freitagnachmittags vor den Brötchenknastzwillingen in der Brandenburger Nord-Filiale ereignen, dann kriegt der bislang eher nicht für seine Innovationen bekannte kleinere Aldi-Bruder seine Strategie wohl besser gebacken. Dass man als Kunde dabei nicht unnötig Wert auf eine ansprechende Produktpräsentation legen darf, scheint dem zumindest nicht im Wege zu stehen.

Immerhin sind sich die Discount-Geschwister bei der Positionierung des Bäckerersatzes einig: ganz weit vorne im Laden.

Am Ende sieht es aber ganz danach aus, als ob Aldi Nord diesmal flexibler auf die Wünsche der Discountkundschaft zu reagieren wüsste. So flexibel, dass der noch vor wenigen Monaten zum Standard ernannte, aber – aus verständlichen Gründen – wohl wenig genutzte Kaffeeautomat in der Filiale in Hohen-Neuendorf von vornherein weggelassen wurde.

So ein Zeitschriftenregal passt ja als Lückenfüller auch ganz gut an die Schrippenfront:

Fotos: Supermarktblog"

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Restaurants gegen Supermärkte gegen Lieferdienste: Der Kampf um Draußenesser

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Mit gastronomischen Angeboten und einem wachsenden Angebot an Snacks zum Sofortessen verköstigen Supermärkte zunehmend auch solche Kunden, die nicht in die Läden kommen, um sich den Einkaufswagen mit Vorräten vollzustapeln. Sondern einfach Hunger haben. Jetzt. Sofort. Damit machen sie (Fast-Food-)Restaurants, Bäckereien und Imbissen Konkurrenz.

Das funktioniert angesichts größer werdender Konkurrenz aber natürlich auch anders herum: Wer seinen Salat beim hippen neuen Food-Konzept um die Ecke kauft, geht dafür nicht mehr zu Rewe; Kochboxen-Besteller kriegen die Zutaten, die sie sonst bei Edeka oder Real kaufen würden, direkt nachhause gebracht (in den USA jetzt auch von Amazon); und wenn Deliveroo oder Foodora an der Tür klingeln, ist der Tiefkühlpizza-Erwerb bei Kaufland überflüssig.

Der so genannte „Außer-Haus-Markt“ ist laut BVE der zweitwichtigste Absatzkanal für die Ernährungsindustrie in Deutschland. Dazu kommt, dass die Deutschen den Marktforschern der GfK zufolge für Güter des täglichen Bedarfs (FMCG) deutlich seltener einkaufen gehen als noch vor einigen Jahren: 2012 waren es 241 Einkäufe pro Jahr, 2016 nur noch 228 (PDF). In den USA geben die 24 bis 35-Jährigen i laut „Wall Street Journal“ (Paywall) jährlich deutlich weniger Geld im Supermarkt aus als der Durchschnitt (3.539 vs 4.015 US-Dollar) – und dramatisch weniger als noch 1990.

Womöglich müssen sich die Handelsketten auch hierzulande darauf einstellen. Weil Kunden immer mehr Möglichkeiten haben, schnell und lecker satt zu werden – und Märkte bzw. Konzepte zunehmend verschmelzen.

Deshalb lohnt sich’s, mal genauer hinzuschauen, wer eigentlich unter den Nicht-Supermärkten den Ton angibt.


1. Fast 1.000 Euro im Jahr für Küchennichtbenutzung

Mit ihrem Verbraucherpanel („CRESTonline“) ermittelt die npd group Deutschland jedes Jahr, wieviel hierzulande für „gastronomische Leistungen“ ausgegeben wird und hat für 2016 satte 75,8 Milliarden Euro errechnet. Im Schnitt war jeder Deutsche im zurückliegenden Jahr 140 Mal draußen essen und hat dafür 6,54 Euro ausgegeben. An dieser Zahl lässt sich schon erahnen, dass dazu nicht nur die Pizza beim Italiener zählt, sondern auch das belegte Brötchen auf dem Weg zur Arbeit. Auf jeden Einzelnen gerechnet liegen die Ausgaben für Draußenessen bei 930 Euro pro Jahr (siehe BVE-Jahresbericht 2017, S. 24f). Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor waren es 66,4 Milliarden Euro, die Ausgaben pro Kopf lagen im Schnitt bei 5,64 Euro – mit ebenfalls 140 Draußenessen im Jahr (BVE-Jahresbericht 2012, S. 14).

2. Snacken ist einfacher als Kochen

Die Marktforscher prognostizieren, dass die Umsätze weiter steigen: weil die Kunden bereit seien, „mehr Geld in der Gastronomie auszugeben“. Dazu komme „der Bedarf, fehlendes Kochwissen durch einen Restaurantbesuch zu kompensieren“, wie die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) erläutert.

Die GfK sieht in ihrem „ConsumerScan Panel“ derweil einen „Bedeutungsverlust des Alltagskochs“ (PDF): 2013 umfasste die Zuordnung noch 29 Prozent der Deutschen, 2017 sind es nur noch 23,1 Prozent. Die unterschiedlichen Kochtypen werden von der GfK anhand ihres Einkaufsverhaltens charakterisiert. Wer viele Produkte wie frisches Fleisch und Gemüse kauft, gehört z.B. mit großer Wahrscheinlichkeit zu den Selbstkochern („Wochenendkoch“, „Gelegenheitskoch“ usw.). Wer sich eher für Konserven und Fertigprodukte entscheidet, ist vermutlich „Verzehrer“ (z.B. „Aufwärmer“, „Snacker“, oder eben „Außer-Haus-Esser“, die bei der GfK aber auf einen mit schwankendem Anteil kommen).

3. Burger, Köttbullar, Flugessen – die wohlgenährte Top 10

Den größten Anteil im Draußeness-Markt nehmen npd zufolge die klassische Bediengastronomie und Hotelrestaurants ein (29,8 Prozent), gefolgt von der Schnellgastronomie (24,2 Prozent). Die Erlebnisgastronomie (z.B. Freizeitparks) schnappt sich 13,1 Prozent, 7,2 Prozent gehen an Arbeitsplatz- und Ausbildungsplatzverpflegung (d.h.: Kantinen).

Die Fachzeitschrift „food service“ schaut sich jedes Jahr an, wer die Top-100-Unternehmen sind, die in der deutschen Systemgastronomie das Geld verdienen. An erster Stelle steht – allen vermeintlichen Krisen zum Trotz: McDonald’s. Und zwar mit von „food service“ geschätzten 3,1 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland.

An zweiter Stelle folgt der Konkurrent Burger King (geschätzte 900 Mio. Euro Jahresumsatz). Ebenfalls in den Top 10 (hier als PDF ansehen): haufenweise Unternehmen, die man erstmal gar nicht der klassischen Gastronomie zu ordnen würde: z.B. Lufthansas Verpflegungssparte Sky Chefs auf Platz 3 (802 Mio.), Tank & Rast Autobahnverpflegung auf Platz 4 (geschätzte 622 Mio.), Ikea auf Platz 9 (221 Mio.). Platz 10 gehört dann bereits einem alten Bekannten aus dem Handel: Edeka – vor allem wegen seiner Bäcker und den Gastro-Angeboten in den Märkten (212 Mio. Umsatz).

4. Es geht doch nix über ein belegtes Brötchen

Ein völlig anderes Bild ergibt sich, wenn man sich nicht die Umsätze, sondern die Besuchsanteile innerhalb der Schnellgastronomie anschaut: Da kommen die Burger-Ketten laut npd Group nur auf 17,8 Prozent. Am häufigsten gehen deutsche Draußenesser – Sie haben’s sicher erraten: zum Bäcker. Fast ein Viertel aller Besuche (23,6 Prozent) führen an eine Theke mit (belegten) Brötchen. Dazu passt, dass vor allem Besuche zur Frühstückszeit deutlich ansteigen – während die zu den übrigen Tageszeiten im Vergleich dazu leicht rückläufig sind.

5. Darf’s heute mal eine edlere Bulette sein?

Neue Anbieter versuchen zunehmend, Bäckern und Frühstück den Titel streitig zu machen. Und haben Erfolg, weil sie sich am Trend zur „Premiumsierung“ orientieren. Der sorgt dafür, dass viele Konsumenten nicht mehr nur schnell essen wollen, sondern manchmal lieber: besser. Also mal keine pappige Bulette nebst schlappen Fritten, sondern lieber einen veganen Burger vom frischen Brötchen mit knusprigen Süßkartoffelpommes.

Das hat die erst 2010 gegründete Burgerkette Hans im Glück innerhalb weniger Jahre deutschlandweit wachsen und mit 87,4 Mio. Euro Jahresumsatz auf Platz 31 des „food service“-Rankings vorrücken lassen. 32 Filialen des für Sitzwaldrestaurants gibt es derzeit, und es wären noch ein paar mehr, hätte sich der Gründer zwischenzeitlich nicht mit einem der Franchise-Partner zerstritten, der seine Restaurants inzwischen unter dem Namen „Peter Pane“ (mit vergleichbarem Konzept) betreibt und zum Konkurrenten geworden ist.

6. Nudeln an der Börse

Das erfolgreichste neue deutsche Restaurantkonzept der vergangenen Jahre ist aber ausgerechnet eine Italienische-Pasta-Kette, die längst weltweit expandiert und ihre Nudeln gerade an die Börse getragen hat: Vapiano (auf Platz 11). Derzeit sieht es so aus, als könne das Franchisekonzept L’Osteria (ebenfalls mit italienischem Ambiente) an diesen Erfolg anknüpfen: „food service“ registriert die Kette als eines der Gastro-Unternehmen mit dem größten Wachstumsvolumen.

7. Kenn ich, ess ich

Die Marktforscher von Sinus können möglicherweise erklären, warum. Das Unternehmen gruppiert Konsumenten mit ähnlichen Werten und Vorlieben in voneinander abgegrenzten „Milieus“, die sich dadurch konkret als Zielgruppe ansprechen lassen – auch in der Gastronomie.

Auf dem 2. Gastro-Immobilien-Kongress in Berlin erklärte Peter Martin Thomas, Leiter der Sinus-Akademie, dass derzeit insbesondere zwei Milieus für Gastronomen interessant sind. Zum einen die „Adaptiv-Pragmatischen“, laut Sinus „die moderne junge Mitte unserer Gesellschaft“: Konsumenten, die nicht mehr „bürgerlicher Mainstream“ sind, sondern „zielstrebig und kompromissbereit“, aber dennoch mit „starkem Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit“. Und die, wenn sie in einer fremden Stadt sind, gerne dort essen gehen, wo sie von vornherein wissen, dass es ihnen schmeckt – weil sie das Konzept schon aus der eigenen Stadt kennen. So wie Vapiano: Die Gerichte sind nicht besonders aufregend, dafür wird das essen frisch zubereitet und auf Pizza und Pasta ist Verlass. Selbst wenn man dafür anstehen muss.

8. Hipster speisen nicht zuhause

Die zweite für Gastronomen relevante Zielgruppe ist Thomas zufolge das „Expeditive Milieu“, wie der Durchschnitts-Hipster im Marktforschersprech genannt wird. Expeditive sind laut Sinus-Zuordnung „die ambitionierte kreative Avantgarde“, die gut vernetzt ist, permanent online und Lust darauf hat, Neues auszuprobieren. Dafür ist sie auch ein bisschen empfindlich: Ein Restaurant darf bloß nicht zu spießig aussehen, die Einrichtung muss möglichst individuell sein, und wehe, es läuft Mainstream-Pop zur Hintergrundbeschallung.

Weil die Zielgruppe ständig unterwegs ist, gibt sie auch viel Geld für Draußenessen aus. Und sorgt dafür, dass der Trend zum „Fast Casual“-Essen nach Deutschland schwappt: Fast Food mit frischeren (z.T. auch gesünderen) Zutaten.

9. Quinoa ist unser Gemüse

In den USA haben Ketten wie Panera Bread und Chipotle zum Erfolg von „Fast Casual“ beigetragen. Der Sandwich-und-Salat-Anbieter ist gerade von der JAB Holding übernommen worden, hinter der die deutsche Unternehmerfamilie Reimann steht (u.a.  Reckitt Benckiser, Coty, Jacobs Douwe Egberts). Mit seinen frisch zubereiteten Burritos galt Chipotle lange als McDonald’s-Nemesis. Seitdem 2015 zahlreiche Kunden nach dem Essen in den Grill-Restaurants erkrankten, kämpft das Unternehmen aber mit Image-Problemen (vor allem, nachdem jetzt ein neuer Fall bekannt wurde). Seinen Zenith scheint „Fast Casual“ in den USA langsam erreicht zu haben.

In Deutschland sieht das anders aus. Mit gesünderem Essen hat sich zum Beispiel der 2007 in München gegründete Salate-und-Wraps-Anbieter dean & david zuletzt nach vorn gearbeitet (von Platz 81 auf 73 im „food service“-Ranking) und verspricht Kunden „natürliche Zutaten ohne Geschmacksverstärker“. Und von Berlin aus wollen die Bowl-Mixer von Beets & Roots auch in andere Städte wachsen (siehe Supermarktblog).

Die steigende Zahl an Alternativen dürfte auch die Supermärkte bald dazu zwingen, verstärkt gesündere Alternativen für Nicht-Bauarbeiter anzubieten, um Sofortesser nicht mehr direkt ins Verdauungskoma zu schicken. (Rewe ist derzeit allerdings eher in der entgegengesetzten Richtung unterwegs.)

10. Wer nicht liefert, ist geliefert

Auch für Draußenessenanbieter sind die Herausforderungen aber keine kleinen. Ähnlich wie die Handelsketten wird der zunehmende E-Commerce zum Umsatzrisiko: Weil Kunden, die online einkaufen, sich nicht mehr draußen hungrig shoppen. Und ihr Essen im Zweifel bei einem der zahlreichen Lieferdienstangebote bestellen, die sich weltweit als Standard etablieren und Draußenessen nach drinnen holen.

In Deutschland kämpfen u.a. Lieferando, Deliveroo und Delivery Hero (dazu gehören: Foodora, Pizza.de, Lieferheld) um die Vormachtstellung. Anderswo mischen längst Konkurrenten aus anderen Feldern mit: z.B. Uber Eats und Amazon in den USA. Systemgastronomen, die auf den Plattformen nicht vertreten sind, riskieren, Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Deshalb verbünden sich selbst langjährige Lieferverweigerer wie McDonald’s mit Lieferdiensten, um die Kunden daheim zu erreichen.

Oder machen’s gleich selbst, wie Burger King.

11. App-Besteller gehen trotzdem weiter essen

Das hat womöglich auch Konsequenzen für Supermärkte. Bisher wird angenommen, die Lieferdienste würden vor allem den Umsätzen der klassischen Gastronomie schaden – weil die Leute seltener rausgehen zum Essen. Konkrete Belege gibt es dafür bislang kaum. Mit einer selbst entwickelten Technik hat die amerikanische Agentur Sense360 deshalb über ein Jahr analysiert, wie sich das Verhalten von Smartphone-Besitzern ändert, nachdem sie die App eines bekannten Lieferdiensts installiert haben. (Die Daten kommen aus einem Panel mit 2 Millionen Nutzern, die sich anonymisiert tracken lassen.)

Das Ergebnis ist überraschend: 360Sense registriert, dass die Leute auch nach der Installation weiter Draußenessen gehen – zunächst sogar genauso oft wie vorher. Nutzer der Liefer-Apps hätten darüber hinaus sogar eine überdurchschnittlich hohe Affinität zu Besuchen in Restaurants mit klassischer Bedienung („Fine Dining“) und bei Fast-Casual-Konzepten. Die Autoren weisen in ihrer Studie aber auch darauf hin, dass es viele andere Faktoren gibt, die für diese Nutzungsmuster verantwortlich sein können (Wohnort, persönliche Vorlieben, Sozioökonomik).

12. Wer muss noch in den Supermarkt?

Möglich ist aber, dass das per App georderte Lieferessen von den Bestellern gar nicht als Ersatz fürs Draußenessen mit Freunden (als Teil der sozialen Interaktion) gesehen wird – sondern als Alternative zu anderen Mahlzeiten. Zum Beispiel denen, die sich Kunden bislang aus dem Supermarkt besorgen. Egal ob sie später selbst kochen oder bloß noch aufwärmen.

Sense360-Gründer Eli Portnoy sagt auf Anfrage, dass dazu noch keine Auswertung vorliege, man aber überlege, die langfristigen Auswirkungen der Liefer-App-Nutzung auf Supermarkt-Besuche mit zu beobachten. (Bislang liegt die Supermarkt-Besuchshäufigkeit der Liefer-App-Nutzer noch im Schnitt; lediglich Convenience Stores werden etwas seltener angesteuert.)

Es kann also gut sein, dass der gefährlichste Konkurrent der Supermärkte in Zukunft gar nicht nur Amazon heißt. Sondern auch: Deliveroo, Foodora oder Lieferando.

Titelfoto: Beets & Roots, Fotos: Supermarktblog"


Mehr zur Konkurrenz (bzw. Verschmelzung) von Handel und Gastronomie steht künftig auch an dieser Stelle. Gleich weiterlesen? Bitteschön:

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Was Supermärkte (und Sofortessen-Anbieter) vom Snack-Pionier Pret A Manger lernen können

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Wenn jemandem bei McDonald’s morgen einfiele, dass sich die Idee mit den Burgern so langsam überholt hätte; wenn Pizza Hut ankündigen würde, künftig weniger Teigfladen belegen zu wollen; und wenn Starbucks ein plötzliches Desinteresse an überteuertem Kaffee entwicklen würde – die Welt des schnellen Sofortverzehrs wäre aus ihren Fugen gehoben. Ähnlich wie die Leute, die dafür verantwortlich wären, wenig später aus ihren Jobs.

Clive Schlee hat seinen noch. Seit 2003 schon. Obwohl er im vergangenen Jahr gleich mehrfach öffentlich seine Loyalität zum Brot in Frage gestellt hat. Was für den CEO einer Kette, die ihren Erfolg dem Verkauf von belegten Sandwiches verdankt, einer Ungeheuerlichkeit gleichkommt.

Die Kette heißt Pret A Manger, öffnete ihren ersten Laden vor 31 Jahren in der Londoner Victoria Street und hat frühzeitig den Trend zu besserem Fast Food vorhergesehen: Snacks, die an Ort und Stelle mit frischen Zutaten ohne Geschmacksverstärker zubereitet werden – anstatt einmal aus der Produktion durchs ganze Land gekarrt, um tagelang im Supermarktregal zu vertrocknen, bis sich ein leichtsinniger Sofortesser ihrer erbarmt.

Pret verspricht:

„Freshly prepared, good natural Food“

(Und einen guten Kaffee dazu.) Auf den Verpackungen steht: „made today, gone today“. Das heißt: Alle Snacks werden am selben Tag in einer nahe gelegenen Küche hergestellt. Was nicht am selben Tag verkauft wird, geht an Hilfsorganisationen. Und morgen wieder genau so.

Die Ausbreitung von Pret A Manger war der Beweis dafür, dass der Markt für Sofortessen nicht zwangsläufig von amerikanischen Franchise-Ketten dominiert werden muss, sondern dass daneben Platz ist für Alternativen. Selbst wenn die einen merkwürdigen französischen Namen haben. Und sich damit auch noch ins Mutterland des Fast Foods trauen, die USA – wo Pret inzwischen auf überschaubare 74 Läden kommt.

(Weitere gibt’s in Frankreich, Hongkong, China und Dubai.) Seit 2008 gehört das Unternehmen – an dem auch McDonald’s mal beteiligt war – zur Hälfte dem Investor Bridgepoint.

Während sich etablierte Fast-Food-Anbieter mit Konzeptanpassungen oftmals schwer tun, kommt einem die Transformation bei „Pret“ fast mühelos vor. Vielleicht haben die Briten auch bloß Glück, nicht mal dann einen Aufschrei zu provozieren, wenn sie sich langsam aber sicher von ihrem signature snack verabschieden – dem Snack, mit dem sie groß geworden sind.

„Ich mag das Sprichwort: ‚Wenn du der Gleiche bleiben willst, musst du dich ständig verändern“, hat Clive Schlee im vergangenen Jahr in seinem Blog verraten, in dem er sich direkt an die Kunden wendet, um Neues in den Filialen anzukündigen oder sie um Feedback zu bitten. (Wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, Leuten auf Twitter zu antworten, die ein misslungenes Sandwich gekauft haben.)

„Vor zehn Jahren waren Sandwiches für fast 30 Prozent unserer Umsätze verantwortlich – 2016 werden es weniger als 10 Prozent sein“,

erklärte der CEO. Und bestätigte in einem Interview mit „Fortune“ kürzlich, in Zukunft noch weniger Snacks zwischen zwei Brotscheiben einklemmen zu wollen: Pret gehe „away from bread-based products“ – weg vom Brot.

Den vollen Regalen sieht man das in vielen Läden zwar noch nicht an.

Aber den Umsätzen scheint der Wechsel nicht zu schaden. Im Gegenteil: Dieses Frühjahr meldete Pret A Manger eine Umsatzsteigerung um 15 Prozent auf 776 Millionen britische Pfund. Die neuen Snacks in den Regalen sind immer öfter: Joghurts, Suppen, Salate – und seit einem Jahr zunehmend vegetarisch.

Anfang Juni 2016 eröffnete Schlees Team im Londoner Stadtteil Soho den ersten „Veggie Pret“ – eine Filiale, in der es ausschließlich fleischfreie Produkte zu kaufen gibt.

Der Test war ursprünglich nur auf einen Monat angelegt. Aber schon nach kurzer Zeit war klar, dass die Idee bei vielen Kunden einen Nerv getroffen hatte. Aus einem Monat wurden zwei, dann drei. Schließlich gab Schlee per Blogpost bekannt:

„Veggie Pret is here to stay“

Der ganz in grün getunkte Laden ist seitdem dauerhaft geöffnet. Und wie am ersten Tag: ein Hit. Im April eröffnete eine weitere Pret-A-Manger-Filiale als „Veggie Pret“ neu, diesmal im Stadtteil Shoreditch.

Wenn die deutschen Supermärkte und Sofortessen-Anbieter schlau sind, schauen sie sich ein bisschen was von der Taktik der Briten ab, um neue Kunden zu gewinnen.


1. Schnell experimentieren, schnell lernen

Natürlich kann man als Unternehmen aufwändige Datensammelaktionen starten, um Kunden möglichst viele Details aus ihren Bonuskarten und Smartphones herauszuleiern und die dann monatelang auszuwerten. Oder man schaut sich einfach die Informationen an, die eh schon in den eigenen Kassen schlummern.

Pret A Manger hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden und ermittelt, in welchem Stadtteil Londons die Kunden in regulären Pret-Läden am häufigsten fleischfreie Produkte kaufen. Damit war automatisch der Standort für den zweiten Veggie Pret in der Great Eastern Street gefunden, erklärt Schlee – „based on the high levels of vegetarian sales in the area“. Manchmal kann Big Data so einfach sein.

Keine drei Monate später hat Pret den nächsten Test gestartet und vor wenigen Wochen in über 90 britischen Filialen „veggie fridges“ eingeführt: Kühltheken mit grünem Rahmen, in denen ausschließlich vegetarische Snacks zu finden sind, ohne dass Kunden zwischen den übrigen Produkten danach suchen müssen.

(Bislang waren Veggie-Snacks in der Regel nur mit einem kleinen grünen V auf dem Preisschild gekennzeichnet.)

„Wenn ihr das mögt, lassen wir die Theken den Sommer über stehen“, hat Schlee versprochen. Und gleichzeitig erklärt, warum die Initiative auch mit Risiken verbunden ist. Weil niemand abschätzen kann, ob Fleischesser sich von den „veggie fridgges“ abgeschreckt fühlen – und dann womöglich weniger Snacks gekauft werden, die in separate Schränke wegsortiert sind. (Oder halt das genaue Gegenteil passiert.)

Aber selbst wenn die Grühlschränke nicht so erfolgreich sind, wie das Pret-Management hofft, hat die Aktion einen Vorteil: Filialen, in denen die Verkäufe der fleischfreien Snacks stark ansteigen, empfehlen sich direkt als neuer Veggie-Pret-Standort.

Die Pret-A-Manger-Strategie ist simpel, aber effektiv: Tests werden konsequent umgesetzt, auch wenn sie Risiken beinhalten; Ergebnisse werden anschließend schnell ausgewertet, um Schlüsse daraus zu ziehen und sofort den nächsten Test zu starten. Anders als im deutschen Lebensmittelhandel, der mit gastronomischen Angeboten immer erst ganz groß scheitern muss – um dann wieder ganz von vorne anzufangen.

Nicht wahr, „Made by Rewe“„Oh Angie“„Deli am Markt“?

2. Clever kommunizieren

Vor allem kommuniziert Pret A Manger offen gegenüber seinen Kunden – ohne die Angst, die Konkurrenz könnte sich was von neuen Initiativen abgucken. (Macht sie ja eh, wenn die erfolgreich sind.) Das trägt entscheidend zur Glaubwürdigkeit bei, die für Pret von Anfang an ein wichtiger Punkt gewesen ist.

Es hilft auch nichts, ein rotes Logo auf grün zu ziehen, weil im Sortiment plötzlich zwei Salate mehr auftauchen – so wie es McDonalds’ vor einigen Jahren in vielen Ländern getan hat, um dem Vorwurf gegenzusteuern, der Burgerriese trage übermäßig zur Verfettung der Gesellschaft bei.

Dass Pret seine Veggie-Filialen komplett in grün tunkt, passt dagegen gut: Weil das Sortiment ja tatsächlich ausschließlich pflanzenbasiert ist.

Die eigentliche Kunst besteht aber darin, jene Kunden nicht zu vergraulen, die eigentlich ganz gerne weiter Hühnchen in ihrem Mittagssalat aus dem Laden tragen würden und sich an den Schinken auf ihrem Sandwich freuen. Die komplette Pret-Kommunikation ist darauf ausgelegt, Fleischesser einzubeziehen, indem sie betont, dass die neuen pflanzenbasierten Snacks als Ergänzung zum bisherigen Angebot auch für sie gemacht sind:

„Not just für Veggies“

(Das geht auch gar nicht anders: Aus der Marktforschung weiß Pret z.B., dass 52 Prozent der Veggie-Pret-Kunden sonst sehr wohl Fleisch essen, aber ihren Fleischkonsum einschränken wollen.)

Dass mit Clive Schlee der CEO des Unternehmens selbst diese Änderungen kommuniziert und erklärt, ist dabei sicher kein Nachteil.

Aber klar: Wenn man sich als Supermarkt erst einmal daran gewöhnt hat, anonyme Pressemitteilungen mit Marketing-Geschwurbel rauszufeuern, und ein paar harmlosen Food-Bloggern mit ihrer Rezeptvermelderei den Rest der Kommunikation zu überlassen, lässt das der Chefetage natürlich deutlich mehr Freiraum, um wichtigtuerische Branchen-Interviews zu geben.

3. Kein Snack ist für die Ewigkeit

45 neue Produkte auf einen Streich hat Pret A Manger anlässlich der Eröffnung der zweiten Veggie-Filiale in London vor ein paar Wochen ins Regal geholt. Nein, das ist kein Schreibfehler. Sondern bloß die konsequente Umsetzung der Erkenntnis, dass man so viele Läden an der richtigen Stelle aufmachen kann, wie man will – aber am Ende auch ein passendes Angebot dafür braucht. Um Snacks anzubieten, die sonst niemand hat. Und Kunden, die bislang überhaupt nicht an Fleischverzicht gedacht haben, mit leckeren Zutaten und ungewöhnlichen Rezepten zu locken.

(Nein, liebe Discounter, damit ist nicht die hundertste Kartoffelsalatvariante im Mayomeer gemeint.)

Pret versucht’s zum Beispiel mit: Gemüse-Maccaroni („Mac and Greens“), getoasteten Banane-Blaubeer-Mandelbutter-Wraps, Smoothie-Frühstücks-Bowls, Boxen mit Süßkartoffel-Falafel und Gemüse sowie scharfen Joghurts mit Edamame und Spinat. Die Bestseller kommen auch in die regulären Filialen; andere Neusnacks gibt’s vorerst exklusiv in den Veggie-Läden. Das sorgt dafür, dass neugierige Kunden wiederkommen. Und hält gleichzeitig das Risiko für Flops gering.

Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Sortiments, im Zweifel auch auf Kosten etablierter Klassiker wie Sandwiches, hat dazu geführt, dass Pret 2016 rund 18 Prozent seines Umsatzes mit Produkten machte, die im selben Jahr zum ersten Mal ins Regal kamen.

4. Snacks für jede Tageszeit

Der Draußenesser lebt nicht vom Lunch allein, manchmal muss auch ein Draußenfrühstück sein: Deutsche Bäckerkunden wissen das schon lange und setzen diese Erkenntnis konsequent um (siehe Supermarktblog). Pret A Manger hat festgestellt, wie sich die Verkäufe seiner Snacks mit der Zeit verschoben haben: 59 Prozent der Umsätze werden gar nicht mehr zur Mittagszeit gemacht, auf die über viele Jahre das komplette Angebot ausgerichtet wurde.

Inzwischen gibt es deshalb Kokosnuss-Porridge und Frühstücks-Brioches für Kunden, die morgens unverfrühstückt das Haus verlassen haben; und wer will, kriegt auch schon vor der Lunch Hour ein glutenfreies Süppchen.

Das heißt nicht, dass frühstücksgeeignete Snacks mittags aus dem Angebot fliegen müssen. (McDonald’s hat im vergangenen Jahr massiv zulegen können, nachdem in den USA das Frühstücksangebot den kompletten Tag über verfügbar gemacht wurde.) Es bedeutet aber, dass Sofortessen-Anbieter und Supermärkte Snacks für jede Tageszeit parat haben sollten, um sich nicht unnötig einzuschränken.


Nach Köln, Berlin oder München hat sich Pret A Manger bislang nicht getraut – womöglich auch, weil die Sandwich-Kultur hierzulande eher eine Semmel-und-Schrippen-Kultur ist, die von unzähligen Bäckern und Backketten bedient wird (siehe Supermarktblog). Das dürfte vorerst auch so bleiben.

Dennoch gibt es zahlreiche Anbieter, die das Pret-Prinzip begriffen haben und (langsam) in deutsche Städte transportieren.

Prets deutsche Snack-Verwandtschaft:

Dean & David schmückt sich mit dem Motto „Fresh to eat“ und verspricht „natürliche Zutaten“, „100% frisch mit Liebe handgemacht“. An großen deutschen Bahnhöfen bietet das Franchise-System Scoom frische Sandwiches und Salate für Eilige zum Direktmitnehmen. Und der Supermarkt-Belieferer Natsu hat sich vom Sushi-Spezialisten zum Universal-Auskenner für frische Snacks gewandelt und produziert z.B. für Rewes „To Go“-Produktsortiment (siehe Supermarktblog) Sandwiches und Salate.

Den größten Umsatzschub haben in den vergangenen Jahren allerdings die ehemaligen Discount-Backketten Backwerk und Back Factory erfahren, die intensiv daran arbeiten, zu Snack-Ketten mit ansehnlichem Sortiment und schicken Läden zu werden (siehe dazu auch Supermarktblog).

Die Supermärkte sehen da noch weitgehend tatenlos zu. Und lassen sich einen Markt entgehen, der in Zukunft immer wichtiger werden könnte, um mobile und junge Kunden zu erreichen. Genug abzuschauen gibt es bei Pret A Manger auch jetzt schon. Und sei es nur: einen munter bloggenden Geschäftsführer.

Fotos: Supermarktblog"

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Für eilige Direktverzehrer: Kaufland macht sich mit eigener Snack-Etage in Berlin-Mitte breit

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Am Donnerstagmorgen sind Netto (ohne Hund), dm, Rossmann, Rewe, Galeria Kaufhof und diverse Snack-Bäcker rund um den Alexanderplatz in Berlin-Mitte mit einem kollektiven Alptraum aufgewacht, von dem sie kurz danach feststellen mussten, dass er wahr geworden ist: In der Nachbarschaft hat Kaufland aufgemacht. Direkt gegenüber vom Fernsehturm, auf zwei Etagen, mit allem, was man als Tourist, Anwohner, Mittagspäusler, Pendler so gebrauchen kann.

Das ehemalige Berlin-Carrée in der Karl-Liebknecht-Straße hat dem neuen Mieter nicht nur sein früheres Markthallenkonzept, sondern auch seinen Lichthof geopfert. Damit Kaufland die 4.000 Quadratmeter Platz kriegt, die das SB-Warenhaus für die Umsetzung seines Konzepts mindestens braucht.

Eine Standardfiliale ist’s trotzdem nicht geworden, sondern der durchaus gelungene Beweis, dass Riesensupermärkte auch mitten in die Stadt passen, wenn sie klug geplant sind.

Dafür hat sich der neue Nachbar reichlich Zeit gelassen. Über zwei Jahre zierten „Kaufland kommt“-Schilder die Baustelle (siehe Supermarktblog), Kaufland kam aber gar nicht.

Die massive Verzögerung sei „Optimierungen im Raumkonzept“ geschuldet, hat die „Berliner Woche“ in der Neckarsulmer Zentrale erfragt. Rausgekommen ist ein zweiteiliger Supermarkt mit einer Etage für den Kompletteinkauf und einem Snackgeschoss, das Kunden, die nicht viel Zeit, aber umso mehr Hunger mitbringen, den Weg zur Kasse besonders leicht macht. Und die Sofortessen-Konkurrenz außenrum empfindlich stören könnte.

Für seine kurzen Wege ist Kaufland bislang gewiss nicht bekannt, im Gegenteil: Vielerorts müssen sich Kunden schon genau einprägen, wo sie eine Abkürzung durch den Regalwald nehmen können, wenn sie nur ein paar kurze Besorgungen machen wollen. Auf zwei Etagen fühlt sich der Großflächen-Discounter dagegen auch in anderen Städten schon wohl. Die Besonderheit in Berlin-Mitte ist vor allem die konsequente Ausrichtung des Erdgeschoss-Sortiments auf eilige Kundschaft.

Direkt am Eingang wartet eine stattliche To-Go-Abteilung vor dem Obst und Gemüse: mit üppiger Salatauswahl, belegten Sandwiches, Kaltess- und Warmmach-Snacks aller Art, Bio-Linsen-Curry-Suppe, Bulgursalat, Hähnchen-Filetstücke.

Dahinter werden Kunden direkt an den hufeisenförmigen Brötchenknast geführt, der es locker mit seinen Verwandten auf der grünen Wiese aufnehmen kann.

Und zwar nicht nur was die Brotpolonaise angeht (siehe Fotogalerie oben).

Sondern auch, weil zwischen Brötchen, Laugenstangen und Teilchen einige Zellen für „Hot Snacks“ reserviert sind: Böreks mit Spinatauslauf, Pizza(imitat) Salami, käseweiße Brötchen mit Tomate-Mozzarella oder Pulled Pork im Pappmäntelchen – die Handschrift der Schöpfer von Lidls Brötchenknastsnacks (siehe Supermarktblog) ist unverkennbar.

Platz für die „Sushi Circle“-Theke war da zwar nicht mehr, deshalb sind die freundlichen Fischroller eine Etage höher zu den Bedientheken gezogen. Damit aber auch Snacker, die dort gar nicht erst hinkommen, einen Haufen Geld für ein Algengedeck ausgeben können, gibt es eine Best-of-Probiertheke im Untergeschoss.

Auch in Sachen Getränke hat Kaufland in seinem Snacktopia nicht gespart – und den Berlinern eine reichhaltige Auswahl an Wegbieren kaltgestellt. Weil im selben Komplex nebenan die Berliner Craft-Beer-Brauerei Lemke wohnt, drängte sich eine Kooperation vermutlich geradezu auf.

Deswegen gibt’s vor den Kassen auch ein wohlgekühltes West-Coast-IPA, ein schönes American Pale Ale und ein kräftiges Imperial Stout, nach dessen Genuss man sich (bei einem Alkoholgehalt von 11%) aber keine allzu ausführlichen Vorratseinkäufe mehr vornehmen sollte.

Wer alles für den Direktkonsum beisammen hat, eilt zwei Meter weiter zur Kasse (SB oder klassisch mit Scan-Unterstützung) – und verpasst halt das Obergeschoss, mit dem Kaufland den umliegenden Supermärkten und Drogeriemärkten endgültig den Kampf ansagt.

Per Rollsteige geht’s in Richtung Wocheneinkauf, und schon auf dem Weg dorthin präsentiert sich der Alex-Kaufland stolz in seinem neuen Design, auf das die ersten Märkte bereits im vergangenen Jahr umgestellt wurden (siehe Supermarktblog) und das den Sortimenten knallbunte Farben samt Piktogrammen zuordnet, die Kaufland „selbsterklärend“ findet.

(Selbsterklären Sie bitte mal kurz das hier: Für Obelixe?)

Wer sich erst oben für den „schnellen Einkauf“ entscheidet, kriegt mit freundlichem Hinweis einen Einkaufskorb zugeschoben.

Fleisch, Wurst und Käse gibt’s in Bedienung, und daneben schließt sich Kaufland (wie gesagt) dem allgemeinen Supermarktrend zur separaten Sushi-Theke an, an der man zusehen kann, wie das, was vorne in die Auslage kommt, vorher frisch ins Plastikschälchen kommt.

Vegane und glutenfreie Produkte haben ein eigenes Regal reserviert bekommen.

Und um die Ecke führen breite Gänge durch die Drogerieabteilung, mit der sich Kaufland – auch preislich – als Alternative zu den diversen (überlaufenen) Drogeriemärkten in der Umgebung positioniert.

Anders formuliert: Mit der Neueröffnung tritt der Großflächen-Discounter so ziemlich allen Handelsnachbarn in der Umgebung auf die Füße – und kommuniziert das auch maximal unbescheiden. Um die neue Filiale herum wirbt Kaufland mit dem Versprechen:

„Frisch am Alex“

Im Laden steht außerdem: „Wenn wir frisch sagen, meinen wir auch frisch.“ Worüber sich angesichts des ganzen Aufbacktheaters und der umfassend plastikverschalten Industriesnacks bei einem Käffchen aus dem Kaffeeautomaten am Eingang vortrefflich streiten ließe.

Hilft aber erstmal nix: Sogar die direkt vor dem Laden vorbeisausende BVG-Tram hat Kaufland als riesige Flitzgurke bekleben lassen, um seine Werbebotschaft unterzubringen.

Dazu gehört auch der seit kurzem in der Wochenbeilage verwendete Spruch „Gute Woche“, der das vom Absender zugesagte „Einkaufserlebnis“ offensichtlich auf den Punkt bringen soll. Also, außer natürlich für Netto (ohne Hund), dm, Rossmann, Rewe, Galeria Kaufhof und diverse Snack-Bäcker rund um den Alexanderplatz in Berlin-Mitte.

Fotos: Supermarktblog"

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